Anwaltshonorar

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elovaris
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Anwaltshonorar

Beitrag von elovaris » 23.07.2022, 20:28

Hallo,

Ich habe letzte Woche eine zweifelhafte Honorarnote von meinem Anwalt erhalten (eben erst engagiert, erste Honorarnote, erstes Mal Anwalt engagiert).

Alles nach RATG, soweit hat er für mich nur außergerichtlich agiert - Klage angekündigt, Einvernehmen vorgeschlagen.

In der Honorarnote hat er selbst das E-Mail verrechnet, wo er mir den Vertretungsvertrag schickt. Mit Tarifpost 6 - rund 180 Euro dafür.

Überhaupt hat er alle Emails an mich mit TP6 verrechnet (Minimum rund 180, selbst für 3 Absätze). Das Schreiben an die Gegenseite mit
TP2 (etwa eine A4 Seite Text - EUR 440).

Wir haben vorab vereinbart, dass er ein Akonto von 1000 bekommt und informiert, sobald er 500 verbraucht hat. Hat er nicht gemacht („er wäre sonst zu sehr mit Buchhaltung beschäftigt“).

Er hat einen „normalen“ Preis von etwa 3000 Euro angegeben. Gesagt, dass die Bemessungsgrundlage zu niedrig angesetzt ist und eigentlich mehr fällig
wäre und er gerne eine „erheblich ermäßigte Pauschale“ von 2000 machen wird. Was eine Bemessungsgrundlage ist, wusste ich zu der Zeit nicht einmal. Was er annahm als BMGL auch nicht.

Habe nun Sorge, dass falls ich anfechte und die Beträge echt haltbar sind, er dann die Bemessungsgrundlage raufsetzt und noch mehr fordert.

Ich frage mich, ob die Honorarnote rechtens ist (also durchsetzbar) oder ein Fall für die Anwaltskammer ist.

Tipps dazu, wie man einen RA gescheit engagiert und Honorare vereinbart und Kostenkontrolle erhält, dafür wäre ich sehr dankbar!



alles2
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Re: Anwaltshonorar

Beitrag von alles2 » 24.07.2022, 13:43

Nachdem Du in diesem Forum mit einem Erbschaftsanliegen eingestiegen bist, möchte ich auf mein Zitat aus einem anderen Thread zum Thema Kosten bei der Übertragung einer Eigentumswohnung hervorholen:
alles2 hat geschrieben:
22.11.2021, 17:57
Kann aber auch vom Verhandlungsgeschick abhängen, da andere gut und gerne das Doppelte oder gar mehr verlangen könnten. Die einen berechnen es nach Verkehrswert und andere lassen sich auf einen Pauschalhonorar ein oder wenden ein Stundentarif an.
Es gibt mehrere Arten von Honorare, während Du wohl in den Genuss der verhältnismäßig ungünstigsten Variante gekommen sein dürftest. Wie man als Rechtssuchender besser vorbereitet an die hierzulande freie Honorarvereinbarungen herangeht und weitere Informationen zur Honorarabrechnung sind aus der Broschüre des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages "Mein Recht ist kostbar: Was Sie über das Honorar des Rechtsanwalts wissen sollten." zu entnehmen (als Online-Viewer oder PDF-Download):

https://www.rechtsanwaelte.at/buergerservice/infocorner/informationsbroschueren-ansehen-downloaden-sofort-ausdrucken/broschuere-rechtsanwaltshonorar/

Da Du Dich beim letzten Mal nur für einen Link bedankt hast, sollte das ausreichen und kannst den Rest ignorieren.

Pauschalhonorar sind eher in Strafsachen üblich, deren Verfahren auch mal länger dauern können. Stundensatzhonorare bzw. Zeithonorare stellen daher in allen anderen Belangen ein Mittel der Wahl dar, um es nicht von einer unklar definierten Bemessungsgrundlage oder der Art der rechtsanwaltlichen Leistung abhängig machen zu müssen. Ist jedoch ein zweischneidiges Schwert und Verhandlungssache, da sich der fixe Stundensatz im Vergleich zur Abrechnung nach Tarif im privaten Bereich erst bei einem höheren Streitwert auszahlen könnte.

Ja, auch unter den Anwälten gibt es schwarze Schafe oder jene, die die Vorgaben des Tarifgesetzes oder der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) der Kammern bis zur Grenze des rechtlich Zulässigen ausreizen. Auch wenn es die Berufsüberwachung durch die Rechtsanwaltskammer gibt, die die Honorarnote noch vor der Klageeinreichung (wegen einer noch offenen Forderung) überprüfen kann, würde ich mir da keine allzu große Hoffnungen machen. Grundsätzlich verstehen es Anwälte vorzüglich, sich selbst bei gegen sie gerichteten Vorwürfen herauszuwinden. Vor nicht langer Zeit hatte ich das hier platziert:
alles2 hat geschrieben:
24.05.2022, 10:50
Aber selbst Anwälte verschwitzen durch falsche Kalendierung eine Frist. In dem Fall bekommt man dann die abenteuerlichsten Vorwände zu lesen. Mitunter, dass die Frist von einer erfahrenen Kanzleibediensteten eingetragen worden sei. Sie habe unter Zuhilfenahme des Kalenders die Frist ermittelt. Dabei müsse sie im Handkalender eine Seite überblättert haben. Der Kanzleikalender bilde pro Doppelseite eine Woche ab. Als Frist für die Beschwerde habe sie folglich fälschlicherweise den eine Woche späteren Tag eingetragen.
Dem Rechtsmittelgericht beeindruckte das keineswegs und der Mandant wurde seiner Rechte beraubt. Pikantes Detail am Rande, der Anwalt hatte ihm gegenüber bereits zuvor ein schändliches Verhalten an den Tag gelehnt, die in das entsprechende Bild passten. Nur mit einer Beschwerde gegen den Verfahrenshilfeverteidiger bei der Rechtsanwaltskammer kommt man meist nicht weit, zumal sein Wort gegenüber dem Ausschuss eh mehr Gewicht hat als jenes des Rechtsbeholfenen. Der Rechtsvertreter braucht nur irgendwelche phantasievolle Ausreden vorlegen, ohne eine Erklärung abzugeben, warum die Unzulänglichkeiten nicht abgewendet hätten werden können, und schon werden die Behauptungen des Antragstellers vom Verfahrenshelfer entkräftet.
Das nur zur Einschätzung darüber, ob es einem wert ist, der Sache weiter nachzugehen oder ob man es dem beim nächsten Mal anders angeht. Viele unterliegen der Fehlannahme, dass ein Honorar erst nach Erteilung der Vollmacht abgerechnet werden kann. Eben nicht, sondern es kann bereits mit der ersten anwaltlichen Tätigkeit für den Klienten soweit sein, sofern nicht ausdrücklich was anderes vereinbart wurde (zu Beweiszwecken bei unterschiedlichen Wahrnehmungen nach Möglichkeit schriftlich).
Als kleiner Exkurs und ein potentielles Werkzeug für Dich...vor einiger Zeit hatte ich für eine Bekannte einer Kanzlei um erste unentgeltliche Rechtsauskunft gebeten. In Ermangelung finanzieller Möglichkeiten wurde eigens betont, dass deren Einschreiten nur dann erwünscht ist, wenn es durch die Rechtsschutz-Polizze gedeckt wäre, was vorher abzuklären wäre. Der Anwalt hatte dies unterlassen und sich stattdessen bei Gericht über die Sachlage der Streitigkeit erkundigt. Mehr als der Betroffenen mitzuteilen, dass er da nichts machen können, kam dabei nicht rum. Für die Aufnahme des Sachverhalts, deren juristische Einordnung und der Erteilung eines Rates aufgrund seiner Fachkenntnis habe er eine Leistung erbracht, für die mittlerweile per Mahnung Anwaltsgebühren von etwas mehr als 250 Euro angefallen sein sollen. Ich ersuchte ihn, von weiteren Kontakten Abstand zu nehmen, da ihm nie eine fixe Auftragserteilung zukam und die behauptete erste Zahlungserinnerung erst gar nie bei der Dame eingelangte. Sollte sie weiter belästigt werden, würde eine Negativ-Bewertung über seine Kanzlei auf diversen Online-Instrumenten (Google und Herold) in Erwägung gezogen werden. Eine üblicherweise anschließende Mahnung samt Klagsandrohung würde uns nicht zur Rücknahme der Bewertung bewegen, da uns diese Masche der Einschüchterungsversuche durchaus nicht neu wären.

Was soll ich sagen, seither war Ruhe. Dennoch darf man nicht außer Acht lassen, dass es keine allgemeingültige Herangehensweise ist, zumal es verschiedene Arten von Anwälten gibt und man nicht jeden Fall gleich behandeln kann. Was Du jedoch versuchen kannst, falls Dir seine Honorarnote schlaflose Nächte bereitet ist, dass man nur einen Teilbetrag an ihn überweist, den Du für gerechtfertigt hältst. Man könnte dann beobachten, ob er wegen der offenen Forderung einen Prozess anstrengen würde. Dann dürfte er sich ziemlich sicher sein, dass der restliche Betrag rechtlich durchsetzbar wäre. Denn beide Seiten müssten einem Richter ihre Argumente und die Nachvollziehbarkeit vorbringen.
Gibt sich der Anwalt mit dem Teilbetrag zufrieden oder ist es ihm die Auseinandersetzung nicht wert, könnte dies durch seine Erklärungsnot begründet sein.

Habe bereits anklingen lassen, dass man sich Abmachungen mit Rechtsanwälten am besten schriftlich geben sollte. Dann käme man nicht in so eine Situation, wie Du sie gerade vorfindest. Die Rechtsanwaltskammer und ein Gericht glauben den Anwälten tendenziell eher. Und viele haben bereits die Erfahrung gemacht, dass die Gerichte die Anwälte schützen und Anwälte die Gerichte schützen. Auch darf man nicht vergessen, dass es nicht nur nach meiner Erfahrung einer Kanzlei und der Anwaltskammer gefühlsmäßig ums Geldverdienen geht. Das alles sage ich als "Der Standard"-Leser, wo diese Meinungen veröffentlicht werden. Auf Grund des großen Echos diesen Beitrags und seither immer wieder nach dem Artikel der Zeitung nachgefragt wird, sei es nun nachgereicht:

https://www.derstandard.at/story/2000134839871/anwalt-muss-nicht-ueber-kostenlose-beratung-der-arbeiterkammer-informieren

Angesichts dieser Umstände kein Wunder, dass die österreichische Justiz einen heftigen Vertrauensverlust hinnehmen muss, wie es Anfang April geheißen hat. Wie bei immer mehr Österreicher ist auch bei mir das Vertrauen in die Justiz aktuell auf einen neuen Tiefststand gefallen. Demnach soll mit knapp die Hälfte der Bevölkerung dem österreichischen Rechtssystem absolut vertrauen. Das ist ein sehr geringer Wert. Mit ein Grund ist der Einfluss der Politik und Wirtschaft auf richterliche Entscheidungen.

Wie gesagt, schließe hinkünftig alles schriftlich ab. Das wird einige Anwälte missfallen, die gerne überzogene Forderungen in Rechnung stellen. Die sind dann ohnehin nicht die Richtigen für einen. Unabhängig davon, ob fachlich oder menschlich. Meistens könnte es jedoch so sein, dass ein Anwalt von einer groben und unverbindlichen Kostenschätzung der möglicherweise gesalzenen Honorarhöhe absehen, um den Fragenden nicht zu vergraulen oder ihn zum Aufsuchen einer anderen Kanzlei zu bewegen. Man könnte somit die eigene ökonomische Grundlage untergraben.
Hinsichtlich Honorarvereinbarungen ist es hinlänglich bekannt, dass Anwälte ziemlich schleißig sein können, wenn es um das Festhalten von klaren Abmachungen. Das selbst entgegen der Empfehlung der Anwaltskammer. Diese Kritik kommt auch vom Arbeitskreis "Honorarrecht" der österreichischen Rechtsanwälte.

Erst vorgestern hatte ich Bekanntschaft mit einem lediglich ähnlichen Vorfall gehabt. Eine Bekannte ist rechtsschutzversichert und kann daher monatlich eine kostenlose Rechtsberatung in Anspruch nehmen, die sie auch konsequent ausnutzt. Die einen haben sich dafür 30 Minuten Zeit genommen, andere teilweise ohne Murren über eine Stunde. Doch zuletzt lief alles anders. Obwohl mit der Sekretärin klar kommuniziert wurde, dass es sich um eine Rechtsberatung im Rahmen der Rechtsschutzversicherung handelt, dessen Vertragspartner seine Kanzlei ist, meinte er nach rund einer halben Stunde, dass durch den Rechtsschutz eigentlich nur 10 bis 15 Minuten vorgesehen wären, er dafür nur 40 Euro bekäme und daher eine gesonderte Abrechnung an die Rechtssuchende ergehen würde. Ich wendete ein, dass das so nicht vorher kommuniziert wurde und das so von seinen Kollegen bisher nie so gehandhabt wurde. Wir einigten uns schließlich darauf, dass er das als Rechtsberatung für August mit der Versicherung geltend machen wird. Ansonsten hätte ich mich an die Schlichtungsstelle gewendet, die einige Bundesländer anbieten.

Es ist durchaus so, dass ein Privatklient schriftlich (!) mit seinem Anwalt die Verständigung über das Erreichen eines gewissen Betrages gesondert vereinbaren kann und erst auf Wunsch weitere Schritte unternommen werden sollen. Da kannst Du beim nächsten Mal mehr dahinter sein und nur einen Anwalt bemühen, der sich damit einverstanden erklärt. Ebenso die Bemessungsgrundlage oder Zeiteinheiten fixieren, die regelmäßige Übermittlung der Honorarabrechnungen oder die Entwürfe von Leistungsaufstellungen, auf dessen Basis man jeden einzelnen Abrechnungspunkt im Detail nachvollziehen kann.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

elovaris
Beiträge: 8
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Re: Anwaltshonorar

Beitrag von elovaris » 09.08.2022, 18:24

Vielen Dank für das so ausführliche Posting! Hat mir weitergeholfen!

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