ZPO §146 - Zustellung und Fristenlauf / Wiedereinstellung in vorhergehenden Stand

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SysErr
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ZPO §146 - Zustellung und Fristenlauf / Wiedereinstellung in vorhergehenden Stand

Beitrag von SysErr » 24.05.2022, 09:31

Liebes Forum,

nach einem Versäumnisurteil einer, von uns eingebrachten Klage, behauptet die gegnerische Partei, Laie zu sein und davon ausgegangen zu sein, dass Fristen erst nach Behebung von Schriftstücken zu laufen beginnen. Die Klage wurde per Benachrichtigung zugestellt, behoben etwa eine Woche später. Selbiges war beim Versäumnisurteil der Fall. mE hätte der Gegener schon alleine durch nachzählen der Tage zwischen den beiden RSa Schreiben schon darauf kommen können, dass die Frist sich mit der eigenen Einschätzung nicht vereinbaren lässt. Weiters war er in den letzten Jahren über mehrere Jahre Verlassenschaftskurator über ein Vermögen von gut 30 Immobilien. Meines Erachtens wurde in der Kuratotentätitgkeit zwar sehr schlampig gearbeitet, dies ist aber bis auf die unterbliebene Vermietung der Objekte, nicht ganz offensichtlich.

Handelt eine Person bei einer Klage über fast EUR 100.000 noch sorgfältig genug, wenn sie sich auf die Meinung verlässt, der Fristenlauf beginnt mit Behebung? Ist eine Person die ein derart grosses Immobilienvermögen kuratiert hat (Verlassenschaftskurator) noch als rechtlicher Laie einzuschätzen, dem solche Fehleinschätzungen (Fristenlauf) unterlaufen können? Ist es heutzutage nicht allgemein bekannt, dass Fristen mit Hinterlegung zu laufen beginnen?

Ich hoffe auf und bedanke mich vorab für Eure Ideen.



alles2
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Re: § 146 ZPO - Zustellung und Fristenlauf / Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Beitrag von alles2 » 24.05.2022, 10:50

Nein, ist nicht allgemein bekannt und diese rechtliche Fehlannahme kommt mir bedauerlicherweise ständig unter. Etwaige bei Gericht eingebrachte Wiedereinsetzungsanträge zugleich der ausgeführten Klagebeantwortung "or whatever" führen zumeist ins Leere, wenn es keinen plausiblen Grund wie ein Spitalsaufenthalt, Urlaub usw. gibt.

Weißt Du, man kann nie wissen, was der wahre Hintergrund ist und was nur als Ausflucht vorgeschoben wird. Daher ist es schwer zu beurteilen, ob wer grob fahrlässig handelt und seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist. Nicht jeder ist als Jurist geboten und oft heißt es dann in Anlehnung des § 17 Abs.3 ZustG (Zustellgesetz) lapidar, Unwissenheit würde nicht vor Strafe schützen. Geht es um rechtliche Belange, sollte man sich freilich um einen juristisch bewanderten Kollegen kümmern.

Aber selbst Anwälte verschwitzen durch falsche Kalendierung eine Frist. In dem Fall bekommt man dann die abenteuerlichsten Vorwände zu lesen. Mitunter, dass die Frist von einer erfahrenen Kanzleibediensteten eingetragen worden sei. Sie habe unter Zuhilfenahme des Kalenders die Frist ermittelt. Dabei müsse sie im Handkalender eine Seite überblättert haben. Der Kanzleikalender bilde pro Doppelseite eine Woche ab. Als Frist für die Beschwerde habe sie folglich fälschlicherweise den eine Woche späteren Tag eingetragen.
Dem Rechtsmittelgericht beeindruckte das keineswegs und der Mandant wurde seiner Rechte beraubt. Pikantes Detail am Rande, der Anwalt hatte ihm gegenüber bereits zuvor ein schändliches Verhalten an den Tag gelehnt, die in das entsprechende Bild passten. Nur mit einer Beschwerde gegen den Verfahrenshilfeverteidiger bei der Rechtsanwaltskammer kommt man meist nicht weit, zumal sein Wort gegenüber dem Ausschuss eh mehr Gewicht hat als jenes des Rechtsbeholfenen. Der Rechtsvertreter braucht nur irgendwelche phantasievolle Ausreden vorlegen, ohne eine Erklärung abzugeben, warum die Unzulänglichkeiten nicht abgewendet hätten werden können, und schon werden die Behauptungen des Antragstellers vom Verfahrenshelfer entkräftet.

Damit möchte ich nur sagen, dass es nicht immer so sein muss, wie man es meinen sollte oder wie es einem vorgegaukelt wird!
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

SysErr
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Re: ZPO §146 - Zustellung und Fristenlauf / Wiedereinstellung in vorhergehenden Stand

Beitrag von SysErr » 24.05.2022, 13:37

Vielen Dank für Deine Antwort. Leider stützt sich der Gegenvertreter darauf, dass sein Mandat Laie sei und davon ausging, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn er das Schriftstück behebt. Behoben hat er das Schriftstück mit dem Versäumnisurteil(!!) 18 Tage nach Benachrichtigung. Drei Tage später war er beim Anwalt. Bei Gericht die Wiedereinstellung gefordert wurde wieder 9 Tage später, anstatt unmittelbar.

alles2
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Re: § 146 ZPO - Zustellung und Fristenlauf / Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Beitrag von alles2 » 24.05.2022, 14:07

Wie gesagt, die Konsequenzen hätte dann schon derjenige zu tragen, dem das Recht zugekommen ist. Nur weil er sich nicht selbst zu helfen wusste oder rechtzeitig um einen Anwalt gekümmert hat, ist dem Gericht erfahrungsgemäß egal, wenn die Kriterien des § 71 Abs.1 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) nicht erfüllt sind. Aus Deinen Schilderungen kann ich kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis erkennen, sondern sollte ein eigenes Verschulden und schon gar kein Versehen zutreffend sein. Der Rechtsvertreter kann viel behaupten. Nur wenn es rechtlich nicht gedeckt ist, nutzt "des oals zam nix" (wie man bei uns zu sagen pflegt).
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

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