Seite 1 von 1

Ne bis in idem

Verfasst: 06.12.2021, 18:09
von blender
Es gibt diesen Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“
Wie ist der zu deuten? Wenn jetzt im geplanten Entwurf zur Impfpflicht angekündigt ist, dass jemand alle 3 Monate Strafe zahlen muss (wenn er die Impfung verweigert)
Ist dies nach diesem Grundsatz überhaupt möglich (es liegt ja immer dieselbe Straftat zugrunde)?
Mg Erich Pammer

Re: Ne bis in idem

Verfasst: 06.12.2021, 23:20
von lexlegis
Die Straftat ist nur dann "dieselbe" wenn Ort und Zeit ident sind. Wenn es jedes mal als neues Vergehen gewertet wird, greift ne bis in idem nicht.

Heute bei Rot und Strafe, morgen bei Rot und Strafe an derselben Stelle = kein ne bis in idem. Morgen bei Rot ist dann die gleiche, aber nicht diesselbe Tat.

Heute bei Rot und Strafe und dann noch einmal eine Strafe wegen derselben Tat (exakt dasselbe Vergehen zum selben Zeitpunkt) = ne bis in idem und unzulässig.

Das "Impfvergehen" wird sicher jedes Mal aufs neue geahndet.. und nicht als eine einzige Tat angesehen werden..

Re: Ne bis in idem

Verfasst: 07.12.2021, 03:40
von alles2
Mit dem Verbot der Doppelbestrafung gemäß § 17 Abs.1 StPO (Strafprozessordnung) kann ich in dem Kontext auch recht wenig anfangen. So wie ich es verstanden habe, wird man nicht bestraft, weil man ungeimpft ist, sondern weil man zu gewissen mehrmonatigen Intervallen einer oder zwei Vorladung(en) nicht nachgekommen ist. Ich möchte daher einen anderen Vergleich bemühen. Jemand stellt sein Fahrzeug einmalig, aber dauerhaft rechtswidrig in eine Kurzparkzone ab. Er kann durch diese eine Aktion für jeden Tag ohne gültigen Parkticket wegen einer neuen Verwaltungsübertretung bestraft werden.

Re: Ne bis in idem

Verfasst: 07.12.2021, 12:31
von lexlegis
Stimmt. Ein sehr gutes Beispiel, danke für die Ergänzung.

LG

Re: Ne bis in idem

Verfasst: 07.12.2021, 16:52
von MG
alles2 hat geschrieben:
07.12.2021, 03:40
Mit dem Verbot der Doppelbestrafung gemäß § 17 Abs.1 StPO (Strafprozessordnung) kann ich in dem Kontext auch recht wenig anfangen. So wie ich es verstanden habe, wird man nicht bestraft, weil man ungeimpft ist, sondern weil man zu gewissen mehrmonatigen Intervallen einer oder zwei Vorladung(en) nicht nachgekommen ist. Ich möchte daher einen anderen Vergleich bemühen. Jemand stellt sein Fahrzeug einmalig, aber dauerhaft rechtswidrig in eine Kurzparkzone ab. Er kann durch diese eine Aktion für jeden Tag ohne gültigen Parkticket wegen einer neuen Verwaltungsübertretung bestraft werden.
Stimmt, aber wenn er sein Auto in ein (24h) Halteverbot stellt und es bleibt dort mehrere Tage, ist es nur ein Delikt. An den jeweiligen Abgrenzungen und Zuordnungen haben schon einige "gekiefelt"...

Re: Ne bis in idem

Verfasst: 07.12.2021, 19:06
von Schizopremium
In den Medien wurde nun eine Geldstrafe von 600€/3 Monate kommuniziert. In welchen Verhältnis stehen nun die 3600€ Höchststrafe?

Re: Ne bis in idem

Verfasst: 07.12.2021, 20:35
von alles2
Der vorläufige, 7-seitige Endentwurf des Bundesgesetzes über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz - COVID-19-IG) ist erst seit vorgestern 11 Uhr bekannt und als Verhandlungsmasse zu verstehen, weshalb das endgültige Gesetz inhaltlich davon abweichen kann. Vorgesehen wäre, dass Impfverweigerer im Rahmen eines abgekürzten Verfahrens alle 3 Monate max. 600 € einzahlen (Verfahren nachgebildet, wie wir es vom Verwaltungsstrafrecht in der Verkehrsüberwachung kennen). § 8 COVID-19-IG soll dazu beinhalten:
(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann am Impfstichtag und in weiterer Folge in Abständen von je drei Monaten gegenüber den nach dem Abgleich gemäß § 5 Abs. 3 verbliebenen Personen ohne weiteres Verfahren durch Strafverfügung eine Geldstrafe bis zu 600 Euro festsetzen (vereinfachtes Verfahren). Auf das Verfahren sind die §§ 48 und 49 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. I Nr. 52/1991, anzuwenden. Eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe findet auch im Falle der Uneinbringlichkeit nicht statt.
(2) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann durch Verordnung einheitliche Strafhöhen festlegen und jene Personengruppen bezeichnen, hinsichtlich derer im vereinfachten Verfahren eine geringere als die in Abs. 1 genannte Strafhöhe festzusetzen ist.
Es geht darum, dass eine relativ große Anzahl an Verfahren in relativ kurzer Zeit abgewickelt werden soll. Man überprüft, ob der Impfstatus einer Person gegeben ist. Je nachdem, kann es gewissermaßen die Vorschreibung einer Strafzahlung geben. Wenn man damit nicht einverstanden ist, muss man dagegen Einspruch erheben und dann kommt erst das ordentliche Verfahren wegen der begangenen Verwaltungsübertretung. Das hingegen beginnt gleich damit, dass man zur Stellungnahme aufgefordert wird. Erst nachdem das erfolgt ist und die Einkommens- und Vermögensverhältnissen und etwaiger Sorgepflichten erhoben wurde, gibt es eine Strafe, die für die Person individuell angemessen ist, iHv bis zu 3600 €.
Beim abgekürzten Verfahren gibt es gewissermaßen grundsätzlich eine Pauschalstrafe, die schneller verhängt werden kann und man aktiv bekämpfen muss. Zahlt man nicht, dann kann der Staat das Geld letztlich über die Gerichte eintreiben lassen. Eben wie ausständige Geldforderungen, die man anderen Menschen schuldet, auch eingetrieben werden können.