Richterliche Mäßigung (§ 7 KSchG)

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andreas.kohlberger@gmx.at
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Richterliche Mäßigung (§ 7 KSchG)

Beitrag von andreas.kohlberger@gmx.at » 28.11.2021, 19:21

Liebe Forenmitglieder,

ich habe einen Aufenthalt bei einem Hotel storniert, das mir nun 100 % der Buchungskosten als Stornokosten in Rechnung stellt (bereits bei der Buchung bezahlt). Das ist auch in den Stornobedingungen so festgehalten.

Ich bin zwar nur Laie, aber ich bin der Meinung, dass diese Stornokosten dem richterlichen Mäßigungsrecht auf den Betrag, der tatsächlich als Schaden entstanden ist, unterliegen müssten (§ 7 KSchG). Dies habe ich nun dem Hotel geschildert, aber keine Antwort erhalten. Ich gehe davon aus, keine Rückerstattung zu bekommen. Wie kann man hier vorgehen? Schließlich wird man ja nicht wegen wenigen hundert Euro klagen - wie kann man trotzdem versuchen sein Recht durchzusetzen? Welche Möglichkeiten gibt es da?

Vielen Dank für eure Antworten!

LG
Andi



alles2
Beiträge: 3268
Registriert: 09.08.2015, 11:35

Re: Richterliche Mäßigung (§ 7 KSchG)

Beitrag von alles2 » 29.11.2021, 18:22

Eigentlich wäre ich schon bei Dir. Doch wäre die Frage, ob der Aufwand dafürsteht und ob es ein Gericht ebenso sieht. Man könnte es bei Gericht ausfechten, was je nach Rechtfertigungslinie des Hotelbetriebes ins Geld gehen kann. Doch genau das könnte man sich zu Nutze machen, damit der Geschäftsführer doch vielleicht einknickt. Dazu bräuchten wir allerdings mehr Angaben wie:

Wann und was wurde gebucht und bezahlt (auch für Verpflegung und sonstige Dienstleistungen und Räumlichkeiten)?
Was war der Anlass für die Stornierung und hätte der Aufenthalt aufgrund einer behördlich angeordneten Betriebsschließung zustandekommen können?

Die Geltendmachung des Mäßigungsrechtes hatte ich sonst nur beim Auto- oder Küchenkauf, sofern der Auftraggeber vom Kauf zurücktreten wollte und die Stornierungsgebühren zu hoch angesetzt wurden. In Deinem Fall kann ich keine Parallelen ableiten, weil hier die Stornierungsbedingungen genau definiert wurden und niemand einen mit einer Vertragsstrafe (Pönale) einhergehenden Vertragsbruch begangen haben dürfte. Dennoch unterliegt die Höhe der Stornogebühr dem Anwendungsbereich des Konsumentenschutzgesetzes. Weiß jetzt nicht, an wen Du wie herangetreten bist. Es schadet nicht, dies (nachweislich) schriftlich und bestimmt an den Geschäftsführer vorzunehmen. Alternativ könnte man es mit dem Rechtsschutz besprechen, wobei dem aufgrund der Geringfügigkeit oft nicht nachgegangen wird. Stattdessen schlagen die Versicherungen manchmal vor, dass sie die Stornogebühren übernehmen, weil es ihnen günstiger käme als der Rechtsstreit.

Sei's drum, angenommen Du müsstest es selbst in die Hand nehmen, hätte ich folgenden Vorschlag. Das aber alles unter der Voraussetzung, dass Du bei der Vertragsvereinbarung nicht zwischen zwei Beherbergungsentgelten wählen konntest. Denn manchmal kann man die Zimmer günstiger bekommen, wenn im Gegenzug bei einem Rücktritt der gesamte Betrag einbehalten werden darf, während beim regulären Preis geringere Stornogebühren angefallen wären. Ansonsten schreibe dem Hotel mit Bestimmtheit, dass Du Dich an den Konsumentenschutz gewendet hast, nachdem beim ersten Versuch vom Hotel keine Rückmeldung gekommen ist. Keine Sorge, ich habe dort jemanden, der behaupten würde, dass Du den Vorfall wirklich schon dem Konsumentenschutz beschrieben hast. Das Problem ist nämlich, dass ich bisher keinem Konsumentenschützer der AK begegnet bin, der irgendwie jemals dieses Thema in dem Zusammenhang gebracht hätte und ich derjenige war, der ihnen dahingehend auf die Sprünge helfen musste. Aber zurück...beim Konsumentenschutz meinte man, dass man Dir Rechtsschutz geben würde, falls eine Intervention durch denen mit dem Betrieb scheitern würde. Es ginge nämlich um die eventuelle Rechtswidrigkeit von Vertragsklauseln, die das Gesetz nicht aushebeln dürfen und können. Das muss man aber nicht erwähnen. Berufe Dich auf die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Hotellerie", welche vom WKO-Fachverband Hotellerie bereitgestellt wird:

https://www.wko.at/branchen/tourismus-freizeitwirtschaft/hotellerie/AGBH_061115.pdf

Es ist zwar nur eine Richtschnur, welches individuell adaptiert werden kann. Doch wie man auf Seite 4 unter Punkt 5.5. und 5.6 erkennen kann, wäre das Verrechnen von 100 %-igen Stornogebühren unabhängig vom Zeitrahmen zwischen Rücktritt und Ankunftstag völlig abwegig, sofern der entstandene Schaden darunterliegen sollte. Dabei beziehe ich mich auf den letzten Satz von § 1107 ABGB. In Anlehnung des Anrechnungsgebotes könnte man dem Betrieb dazu bitten, die Kosten für nicht benötigte Verpflegung, Reinigung, Wasser, Strom oder zusätzliche Räumlichkeiten rückzuerstatten. Würde das in Abzug gebracht werden, sollte es nicht mehr wie 90 % der Buchungskosten ausmachen.

Ich denke, das Hotel hätte ein großes Interesse daran, dass diese Sache nicht an die große Glocke gehängt werden wird. Sollte diese Stornierungsbedingung nämlich nicht gerechtfertigt sein, könnte ihre potentiell hinterfotzige Machenschaft gegenüber zukünftigen Gästen gefährdet sein, falls man es weiterhin so durchziehen möchte.
Zuletzt geändert von alles2 am 06.12.2021, 17:34, insgesamt 1-mal geändert.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

andreas.kohlberger@gmx.at
Beiträge: 2
Registriert: 28.11.2021, 19:13

Re: Richterliche Mäßigung (§ 7 KSchG)

Beitrag von andreas.kohlberger@gmx.at » 05.12.2021, 19:26

Vielen Dank für die sehr interessanten und ausführlichen Infos! Das weiß ich sehr zu schätzen!
Ich habe mich nun entschlossen, keine weiteren Schritte vorzunehmen aufgrund der Geringfügigkeit.

LG

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