Flächenwidmung und Bauverhandlung

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Anton2
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Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Anton2 » 14.07.2021, 14:00

Hallo liebe Forumsmitglieder!

Ich bin seit einem halben Jahr Besitzer einer Eigentumswohnung und habe vor kurzem als Nachbar eine Einladung zur Bauverhandlung erhalten.

Laut Auskunft der Gemeinde ist das Grundstück, wo gebaut werden soll, 2017 von LN (landwirtschaftlich genutzer Fläche) zu
WR
L (WR)
umgewidmet worden.

Im steiermärkischen GIS-System, dem digitalen Atlas habe ich eine Abfrage gemacht und dort ist das Grundstück mit Datenstand 1.10.2020 als LN ausgewiesen.

Kann es sein, dass es da irgendwelche Ungereimtheiten bezüglich der Flächenwidmung gibt? Was bedeutet WR, L (WR)?

Danke



alles2
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von alles2 » 14.07.2021, 17:21

Bei den Nutzungskürzeln (Syntax) muss man zwischen dem Katasterplan und Flächenwidmungsplan unterscheiden, wobei nur "LN" (Landwirtschaftliche Nutzfläche) dem Grundstückskataster zuzuordnen ist. Alles andere schaut mir sehr nach Flächenwidmungsplan aus. Die Informationen dazu finden sich im 3. Abschnitt "Flächenwidmungsplan" vom Steiermärkisches Raumordnungsgesetz (StROG). Die Unterteilung von Flächen ist in § 26 Abs.1 StROG beschrieben. Die Nutzungskategorien von Bauland in § 30 Abs.1 StROG. Das dort genannte "reine Wohngebiet" (Zeile 1) hat den Kürzel "WR". Ist es eingeklammert und steht davor ein "L", handelt es sich meiner Erinnerung nach um eine alte Schreibweise, als zwischen der Landwirtschaftlichen Nutzung und Fortstwirtschaftliche Nutzung unterschieden wurde. Mittlerweile wurde das zusammengeführt, weshalb es eigentlich "LF [WR]" heißen sollte. Wie auch immer, ob mit oder ohne "F", es bedeutet nichts anderes, als dass es gerade zumindest landwirtschaftlich genutzt wird, aber es als reines Wohngebiet vorgesehen ist.

Will man es aber wirklich genauer wissen, wäre man dringender Rat, den Kontakt zu Dr. Aschauer vom Amt 17 "Landes- und Regionalentwicklung" der Steiermärkischen Landesregierung zu suchen. Der hat sich mit seiner ruhigen Art stets geduldig meiner Anliegen angenommen:

https://www.verwaltung.steiermark.at/cms/beitrag/12589850/74835712/

Das was Du online abgerufen hast, ist nicht rechtsrelevant. Das Material wird vom Raumplaner hochgeladen und vom Land (abgesehen vom Syntax) nicht genauer kontrolliert. Nur der in der Gemeinde aufliegende Papierplan wurde in die rechtliche Verbindlichkeit überführt. Daher dort in erster Linie nachfragen.
Zuletzt geändert von alles2 am 14.07.2021, 18:03, insgesamt 1-mal geändert.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

Anton2
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Anton2 » 14.07.2021, 17:43

Herzlichen Dank, alles2 für die ausführliche Antwort.
alles2 hat geschrieben:
14.07.2021, 17:21
Wie auch immer, ob mit oder ohne "F", es bedeutet nichts anderes, als dass es gerade zumindest landwirtschaftlich genutzt wird, aber es als reines Wohngebiet vorgesehen ist.
Und was bedeutet rechtlich "vorgesehen"? Das heißt die Umwidmung ist noch nicht durch?

Wie können dann schon Baubewilligungen erteilt werden bzw. auf einem Grundstück von den vielen Parzellen auf dieser landwirtschaftlichen Fläche wurde schon begonnen zu bauen.

alles2
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von alles2 » 14.07.2021, 18:16

Konkreter bedeutet es sowas wie Freiland mit zeitlich aufeinander folgender Nutzung als Aufschließungsgebiet für Bauland der Kategorie reines Wohngebiet. Möchtest Du es noch genauer wissen, müsstest fast schon die Gemeinde bzw. das Bauamt bemühen. Ich bin in der Materie zu wenig drin und hole mir Informationen zum Flächenwidmungsplan zu Deinem Bundesland von dem genannten und seines Amtes würdigen Herren, weil es von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt wird. Die Angaben sollen ja ohnehin schon seit 2017 existieren, während ein einfaches "WR" bereits damals umfasst war.
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Hank
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Hank » 15.07.2021, 00:46

… je nach Bundesland können wichtige Bauvorhaben österreichtypisch auch ohne eigene Baubewilligung rasch realisiert werden, allerdings können gefährdete Nachbarn wiederum uU Bauvorhaben mit einer Bauverbotsklage nach § 340 ABGB ebenso rasch wirksam stoppen oder zumindest verzögern…

Anton2
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Anton2 » 15.07.2021, 12:16

Hank hat geschrieben:
15.07.2021, 00:46
… allerdings können gefährdete Nachbarn wiederum uU Bauvorhaben mit einer Bauverbotsklage nach § 340 ABGB ebenso rasch wirksam stoppen oder zumindest verzögern…
Vielen Dank, Hank. Und was sind gefährdete Nachbarn?


Wie ich jetzt rausgefunden habe, hat die Gemeinde diese Gründe damals gekauft. Danach oder davor erfolgte die Umwidmung von "landwirtschaftlichen Grund" auf die derzeitige Widmung von "Aufschließungsgebiet für Bauland der Kategorie reines Wohngebiet".

Dem Gemeinderat und Bürger wurden gesagt, diese Baugründe sollen für Jungfamilien entstehen, deshalb ist eine Umwidmung notwendig. Mittlerweile sind die Baugründe an eine Immobilienfirma verkauft worden, die Häuser im Wert von etwa einer halber Million mit Pool hinbaut.

Was ich noch nicht rausgefunden habe, inwieweit der Bürgermeister der Gemeinde da involviert ist, da er auch Immobilien-Makler oder so ist.

Meine Frage wäre jetzt, ob da wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen sein kann bei der Umwidmung und ob man die Verbauung irgendwie verhindern kann?

Danke und lg

alles2
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von alles2 » 15.07.2021, 13:50

Vergiss es, der "Hank" haut oft Sprüche raus, die nicht nur zum Schmunzeln, sondern zu gerne auch zum Nachdenken anregen.
Es müsste von dem Bauprojekt tatsächlich eine Gefahr ausgehen, damit davon Abstand genommen werden könnte. In der Praxis ist die Anwendung dieses Paragraphen für die unmittelbare Nachbarschaft nicht von Bedeutung, da sich vorher schon die Frage einer Klage erübrigt.

Wie man gegen ein Bauvorhaben vorgehen kann, findet sich u.a. hier:

https://forum.jusline.at/viewtopic.php?f=2&t=17162
https://forum.jusline.at/viewtopic.php?f=2&t=15530
https://forum.jusline.at/viewtopic.php?f=2&t=16901

Mach Dir aber nicht zu viele Hoffnungen. Die Entscheidungsträger verstehen in solchen Belangen ihr Handwerk. Meist führt es daher zu nichts, wenn man sich querstellt. Auch durch das Verschleppen macht man sich nicht unbedingt viele Freunde. Durch die vorgeschobenen fadenscheinigen Begründungen fliegt man da ohnehin auf.
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Hank
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Hank » 17.07.2021, 02:16

…auf Gemeindeebene geht’s immer mehr politisch als recht zu - den Bürgermeistern wird dabei von allen Seiten versucht, etwas auf’s Aug’ zu drücken, und Bau + Baunebengewerbe bringen nun einmal zumindest kurzfristig zahlreiche Arbeitsplätze, Geld in die klammen Gemeindekassen und nicht zuletzt Wählerstimmen - wenn man dagegen vorgehen will, braucht es sowieso eine kompaktere Methode als die juristische allein…

Anton2
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Anton2 » 17.07.2021, 09:29

Ja, nur langfristig bringt es Bodenversiegelung, dadurch Klimaprobleme, mehr Lärm und Probleme für die schon vorhandenen Gebäude usw.

Kann man an dem Plan, dass für Jungfamilien zugänglich zu machen und jetzt werden solche pompösen Häuser gebaut, nicht juristisch ansetzen, einen vorläufigen Baustopp erwirken und die Flächenwidmung neu aufrollen lassen?

Hank
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Re: Flächenwidmung und Bauverhandlung

Beitrag von Hank » 21.07.2021, 01:50

…es gibt sogar Bestrebungen der Bundesländer als Gemeindeaufsicht nach mehr politischer Transparenz, sprich objektiven Entscheidungsprozessen, aber die Bürgermeister und Gemeinderäte pochen nun einmal auf die Gemeindeautonomie und lassen sich nicht gerne in ihre Widmungspolitik „hineinpfuschen“…

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