Asylrecht - Frist des Gerichts bei 2. Beschwerde

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Mehdi
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Asylrecht - Frist des Gerichts bei 2. Beschwerde

Beitrag von Mehdi » 14.06.2021, 20:05

Hallo, ich schreibe für einen kurdischen Freund, der seit 5 Jahren in Österreich ist. Er hat in der Türkei eine Haftstrafe wegen Mitgliedschaft bei der HDP und ist deswegen geflohen. Vor über einem Jahr hat er seinen zweiten negativen Asylbescheid bekommen und umgehend Beschwerde eingelegt. Ein Anwalt hat ihm gesagt, dass das Gericht längstens binnen eines Jahres eine Entscheidung treffen muss. Dieses Jahr ist seit einigen Wochen vorbei, er hat immer noch keinen Brief vom Gericht erhalten, auch sein Anwalt nicht. Alle mit seinem Fall befassten rechtskundigen Personen gehen davon aus, dass er aufgrund politischer Verfolgung einen positiven Asylstatus erhalten wird, aber scheinbar hält man ihn hin, so lange es nur geht (er hat Familie in der Türkei).

Kann bitte jemand mitteilen, ob es tatsächlich eine Frist gibt, innerhalb derer das Gericht über die Beschwerde gegen den zweiten Negativbescheid entscheiden muss? Es kann doch nicht sein, dass man da bis zum Sankt Nimmerleinstag warten muss, meines Erachtens ist das eine absichtliche Hinhaltetaktik.

Danke für Einschätzungen von kundigen Personen!



alles2
Beiträge: 3268
Registriert: 09.08.2015, 11:35

Re: Asylrecht - Frist des Gerichts bei 2. Beschwerde

Beitrag von alles2 » 16.06.2021, 01:53

Das ist ein Dauerthema bei der Volksanwaltschaft, die in ihrem Jahresbericht 2020 schreibt:
Lange Verfahrensverzögerungen im Asyl- und Fremdenwesen
Wie ein roter Faden zogen sich auch 2020 wieder lange Verfahrensverzögerungen durch den Bereich Asyl und Fremdenwesen. Als Begründung für die lange Verfahrensdauer wurde u.a. eine Vielzahl von gleichen Anträgen zum Zeitpunkt der Antragstellung genannt, aber oftmals wurden die langen Verfahrensdauern auch gar nicht begründet. Eine weitere Ursache für schleppende Verfahren stellten mangelnde Urgenzen dar.
Exemplarisch wurden in einem seit 2015 anhängigen Verfahren eines Afghanen etwa zwei Jahre lang keine Verfahrensschritte gesetzt. Ein Asylwerber aus Bangladesch wurde erstmalig 2015 einvernommen. Die nächsten Verfahrensschritte folgten erst im August 2020. Ein Mann aus Kamerun reichte seine Unterlagen im Verfahren zur Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels 2019 ein und wurde erst ein Jahr später vom BFA zu einer Einvernahme geladen.

Ein Jahr danach:
Beschwerden im Asyl- und Fremdenrecht
Im Asyl- und Fremdenrecht waren die Beschwerdefälle bei der Volksanwaltschaft wegen überlanger Asylverfahren des BFA bzw. auch über die Dauer von Rechtsmittelverfahren beim BVwG weiterhin rückläufig. In einem Fall hatte ein Iraker im Jänner 2019 den Antrag auf Duldung nach dem FPG gestellt ohne seinen Reisepass vorzulegen. Erst im Mai 2021 erhielt er eine ablehnende Mitteilung des BFA. Verfahrensverzögerungen wurden teils COVID-19-bedingt entschuldigt. Die Volksanwaltschaft stellte jedoch fest, dass die Pandemie nicht als Entschuldigung für jede beliebige Verfahrensdauer dienen darf. Auch bei der Ausstellung von Rot-Weiß-Rot-Karten kam es teils zu erheblichen Verzögerungen. So beantragte im Jänner 2020 eine US-Amerikanerin für ihre Tochter eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus und erhielt erst im August 2021 eine Antwort.
Weitere Beschwerden bezogen sich auf die mangelhafte Kommunikation der Behörden. Dies betraf beispielsweise die Information von Asylwerbern über COVID-19-Beschränkungen, etwa die Ausgangsbeschränkungen während Lockdowns.

Wie Du siehst, bringen Spekulationen rein gar nichts. Das mit dem einen Jahr kann ich mir nicht erklären, zumal gemäß § 38 Abs.1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) das Bundesverwaltungsgericht innerhalb von 6 Monaten ab Erhalt der Beschwerde zu entscheiden hat. Welche Zeiten da nicht miteingerechnet werden, findet sich im Absatz 2. Ist das Bundesverwaltungsgericht säumig, kann man entsprechend dem Absatz 3 einen Fristsetzungsantrag beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) oder eine Säumnisbeschwerde beim BVwG

https://www.bvwg.gv.at/verfahren/saeumnisbeschwerde_neu.html

stellen. Dass es immer mehr zu überlangen Verfahrensdauer kommt, findet sich auch im ihrem letzten Tätigkeitsbericht:

https://www.bvwg.gv.at/allgemeines/taetigkeitsbericht/taetigkeitsbericht_start.html

Eigentlich wären für die Entscheidung des BVwG drei Monate vorgesehen. Einige aus Afghanistan, denen der Aufenthaltsstatus aberkannt wurde, warteten jedoch mindestens anderthalb Jahre.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

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