Kostenfalle bei Vertragserrichtung durch Notare (§12 NotariatstarifG)

Diskutieren Sie über allgemeine rechtliche Themen.
Antworten
MG
Beiträge: 1496
Registriert: 11.05.2007, 09:16
Kontaktdaten:

Kostenfalle bei Vertragserrichtung durch Notare (§12 NotariatstarifG)

Beitrag von MG » 06.08.2020, 08:59

Folgender aktueller Fall:

Eine Privatperson bietet eine hochpreisige Immobilie (über 2Mio EUR) zum Verkauf an. Es meldet sich eine GmbH als Interessentin. Man einigt sich. Die Käuferin verlangt, dass die Abwicklung durch einen Notar ihrer Wahl erfolgt und beauftragt diesen. Der Notar errichtet den Vertrag, der Vertrag wird unterfertigt, die Unterschriften beglaubigt, eine Veräußerungsrangordnung erwirkt etc.

Die Käuferin (jetzt sehr verkürzt dargestellt) zahlt jedoch den Kaufpreis nicht ein, die Verkäuferin tritt daraufhin berechtigt vom Vertrag zurück. Es hat allen Anschein, dass die kaufende Gesellschaft nicht zahlungsfähig ist. Der Notar tritt nun an die VERKÄUFERIN heran und verlangt von ihr die Bezahlung sämtlicher Kosten, da die Kaufinteressentin nicht zahlen kann oder will.

Der Notar ist dabei im Recht!

Die entsprechende Regelung dazu findet sich im § 12 NotariatstarifG:

Zahlungspflicht
§ 12. Zur Entrichtung der Gebühr sind alle Personen verpflichtet, die die Tätigkeit dem Notar aufgetragen haben oder Teilnehmer des mit ihrem Einverständnis notariell errichteten, beurkundeten oder beglaubigten Geschäftes gewesen sind. Mehrere Zahlungspflichtige haften zur ungeteilten Hand.

In diesem Zusammenhang ist auch noch eine weiter Bestimmung essentiell, nämlich der nachfolgende § 13:

Zahlung der Gebühr
§ 13. (1) Der Notar kann die Zahlung der Gebühr unmittelbar nach beendeter Tätigkeit verlangen.
(2) Ausfertigungen, Auszüge, Abschriften, Zeugnisse und Beurkundungen, die vom Notar verfassten Privaturkunden und die von ihm erwirkten Urkunden muss der Notar erst nach Zahlung der Gebühren an die Partei hinausgeben.

Im konkreten Fall betraf dies den Beschluss über die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Der Notar verlangte vor Aushändigung des Original-Beschlusses (den man aber dringend benötigt, um an jemanden anderen zu verkaufen) an die Verkäuferin die Zahlung ALLER Kosten dieser Vertragsabwicklung.

(Dazu sei angemerkt, dass der Notar diesbezüglich nicht im Recht war. Er darf nach ständiger Judikatur nur jene Urkunden zurück behalten, die konkret noch nicht bezahlt wurden. Also nicht den Rangordnungsbeschluss, weil die Kosten des Kaufvertrages noch nicht bezahlt sind.)

Ein weiteres für die Verkäuferin unangenehmes Detail ist jenes, dass sie keine Kenntnis darüber hat, ob und wenn ja, welche Honorarvereinbarung der Notar mit den ursprünglichen Käufern hatte. Demgemäß rechnet der Notar nunmehr mit der Verkäuferin nach Tarif ab. Aufgrund des sehr hohen Kaufpreises (der Berechnungsbasis/Bemessungsgrundlage für das tarifmäßige Honorar des Notars ist) kommen da Honorarsummen zusammen, die man am "freien Markt", also dann wenn Interessenten sich vorab mehrere Honorarangebote einholen, niemals erzielen könnte! Ich zitiere dazu aus einem Schreiben des Notars:
Für die Rangordnung bei einer Bemessungsgrundlage von € 2,150.000 ergibt sich bei TP 2 + ES der Betrag von € 1.534,80 zzgl. Barauslagen € 8,80 und 20 % USt. € 308,72 = € 1.852,32.
Es ist auch wichtig darauf hinzuweisen, dass der Notar auf die Mithaftung aller Beteiligten weder im Vertrag noch sonst gesondert hinweisen muss, da es sich dabei um eine (wie oben gezeigt) gesetzliche Regelung handelt!

Empfehlung:
Wenn Sie zwar nicht Auftraggeber, aber Beteiligter ("Teilnehmer" siehe oben § 12) eines Geschäftes, eines Vertrages etc. sind, welches durch einen Notar abgewickelt bzw. errichtet wird, dann bestehen Sie darauf, dass sinngemäß im Vertrag oder in einer gesonderten Urkunde oder durch den Notar Ihnen gegenüber direkt (zB per E-Mail) ausdrücklich festgehalten wird, dass er Sie aus der Mithaftung im Sinne des § 12 NotTarifG entlässt und Ihnen gegenüber auch auf das Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 13 verzichtet.

Ohne eine solche dezidierte Vereinbarung trifft Sie das Risiko, auf den Kosten, die eigentlich andere verursacht haben, sitzen zu bleiben!

Nachsatz:
Die obigen Regelungen gelten nur für Notare. Rechtsanwälte dürfen (wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wäre) weder von anderen, als den direkten Auftraggebern ihr Honorar einfordern, noch dürfen sie Urkunden zurück behalten.

mfG
RA Michael Gruner
www.grupo.at


RA Mag. Michael Gruner
www.vertragsbegleiter.at

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot], MG und 83 Gäste