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Strafanzeige anonym

Verfasst: 03.05.2020, 14:27
von Ronald Tell2
Guten Nachmittag,

kann man eine Strafanzeige/Sachverhaltsdarstellung (Stgb) in Österreich auch anonym anzeigen bzw. einbringen, oder ist man das verpflichtet dazu Namen des Anzeigers zu nennen?

Ich konnte dazu nichts finden, ich weiß nur das dies in Deutschland möglich ist.

Wie ist das in Österreich?

Danke!

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 03.05.2020, 16:23
von alles2
Meines Wissens ist eine strafrechtliche Anzeige anonym möglich, während es privatrechtlich nicht der Fall ist.

Eventuell hilft auch dies:

https://forum.jusline.at/viewtopic.php?t=8225

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 04.05.2020, 00:22
von Hank
Klassische juristische Antwort: Es kommt darauf an, um was es geht und warum man die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft lieber anonym einsendet - kann also leicht sein, dass trotzdem eines Tages unverhofft die Kripo vor der Tür des Anzeigers steht...

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 04.05.2020, 22:44
von mastercrash
Eine Strafanzeige ist erstmal nichts anderes als eine Mitteilung an die Behörde, unabhängig ob man das unter Nennung des Namens tut oder nicht.

Die Behörde (Staatsanwaltschaft) hat daraufhin zu prüfen, in wie weit hier eine strafbare Handlung vorliegt und, wenn die genannten Tatsachen stichhaltig sind, ein Strafverfahren einzuleiten.
Bei einer anonymen Strafanzeige wird nur dann ein Verfahren eingeleitet, wenn es sich um ein Offizialdelikt handelt, das im öffentlichen Interesse zu verfolgen ist. Immerhin hat die Staatsanwaltschaft bei einem anonymen Anzeiger schlicht keine Möglichkeit sich die Ermächtigung zur Verfolgung eines Ermächtigungsdelikts zu besorgen, soweit das Opfer gar nicht bekannt ist. Auch wenn das Opfer bekannt ist, aber dieses nicht von sich aus aktiv Strafantrag stellt, ist es nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft das Opfer zur Abgabe einer Ermächtigung zur Strafverfolgung zu drängen.

Im Prinzip wird bei einer anonymen Anzeige alles sofort eingestellt, was kein Offizialdelikt ist, das sich obendrein recht schnell als stichhaltig herausstellt.

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 05.05.2020, 09:25
von Mona Lisa
Über die Homepage der Korruptionsstaatsanwaltschaft kann jedermann anonym oder auch mit Namen Anzeige erstatten. Dazu sind nicht mal groß Beweise nötig - obwohl man darüber in Form eines Fragebogens befragt wird (woher man das weiß, welche Beweise man hat usw.). Die Kriminalpolizei wird von der Staatsanwaltschaft beauftragt, den Beklagten zu befragen und dazu ein Protokoll anzufertigen. Wenn man das ganze anonym macht, bekommt man natürlich darüber auch keine Auskunft, was von den Behauptungen stimmt (denn meist ist es nicht mehr, als dass man jemanden anschwärzen will, wo man selbst nur Vermutungen hat). Wenn man den Namen nennt, nehme ich an, dass die Kripo-Beamten diesen zwar kennen, aber an den Beklagten nicht weitergeben dürfen. Wenn sich die Anschuldigungen als haltlos erweisen, wird das Verfahren eingestellt. Wenn nicht, wird weiter ermittelt.

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 06.05.2020, 03:51
von Hank
Man muss sich ganz grundsätzlich immer auch vor Augen halten, was es Opfer und auch Zeugen oft an Überwindung kostet, rechtliche Schritte zu setzen und sich dann beim Erstatten der Anzeige in der Polizeiwachstube bis ins Detail ausfragen zu lassen.

Und wenn man als Opfer seinem Peiniger vielleicht auch noch tagtäglich in die Augen schauen muss, weil er z.B. dein Vorgesetzter ist, kann eine anonyme Anzeige an die Polizei oder Staatsanwaltschaft die Nerven schonendere Variante darstellen.

So gesehen: Besser eine Anzeige zu viel, als eine zu wenig!

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 06.05.2020, 19:08
von SPQR
Grundsätzlich kann man das machen. Ob es zielführend ist, ist eine andere Frage, da der Anonymus ja im Verfahren und bei den Ermittlungen nicht als Zeuge zur Verfügung steht. Weiters gibt es niemand, der dann wo auch immer "nachdrücken" kann, wenn etwas verschleppt wird oder eventuell auch gar nichts gemacht wird. Und es darf auch keine Verleumdung implizieren, da der Schuss möglicherweise nach hinten losgeht.
Wirklich anonym ist, einen Zettel ohne Fingerabdrücke, Absender und sonstige individuelle Merkmale (Handschrift) oder Ansatzpunkte in den Postkasten der Staatsanwaltschaft zu werfen. Sonst ist schon gar nichts mehr anonym!

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 08.05.2020, 17:13
von Ronald Tell2
Hank hat geschrieben:
04.05.2020, 00:22
Klassische juristische Antwort: Es kommt darauf an, um was es geht und warum man die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft lieber anonym einsendet - kann also leicht sein, dass trotzdem eines Tages unverhofft die Kripo vor der Tür des Anzeigers steht...
Warum sollte das so sein? Wieso sollte das strafbar sein das die Kripo dann vor der Tür steht?

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 08.05.2020, 20:37
von Hank
Die Kripo wird - nur z.B. - vor der Tür stehen, weil der Angezeigte eine Ahnung gehabt hat, wer ihn da anonym angezeigt hat und dann heißt es mitkommen aufs Polizeirevier...

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 13.05.2020, 23:27
von cccc87
Also auf gut deutsch, eine anonyme Anzeige ist ziemlich zahnlos.. Ob diese tatsächlich verfolgt wird kann man auch nur schwer feststellen. Ich denke, dass anonyme Anzeigen auch nur bis zu einem gewissen Grad ernst genommen werden.. Kann man das so sagen? Wie sind eure Erfahrungen dahingehend?

Weiters wäre sicherlich interessant, ob man eine Anzeige (sei es anonym oder nicht) besser an die Polizei senden soll oder direkt an die Staatsanwaltschaft.. - ermittelt die Polizei vielleicht bereits im Ansatz ohne vorherige Bewertung ob die Sache eingestellt werden soll oder nicht.

Mein Erfahrungen bei Anzeigen an die Staatsanwaltschaft war bisher, dass ziemlich schnell eingestellt wurde und nicht mal weitere Zeugenbefragungen durchgeführt wurden. Ist das anders wenn man eine Anzeige bei der Polizei macht oder darf die Polizei ohne Anweisung des Staatsanwalts/-in nicht ermitteln?

Re: Strafanzeige anonym

Verfasst: 14.05.2020, 03:55
von alles2
Würde nicht unterstreichen, dass anonyme Anzeigen "zahnlos" sind. Die Schwere der Straftat hat auch ein entscheidendes Wörtchen mitzureden.

Im Prinzip ist es belanglos, an wen die Anzeige ergeht. Die Befugnisse der Polizei ist eingeschränkter. Haben sie alles im Rahmen Ihrer Möglichkeiten getan, wird der Fall an die StA weitergereicht. Umgekehrt verhält es sich ähnlich. Erhält die StA direkt eine eine Sachverhaltsdarstellung, kann sie die Polizei mit einbeziehen, indem beispielsweise eine Vernehmung angeordnet wird.

Ob ein Verfahren eingestellt wird oder nicht, obliegt in erster Instanz der StA. Ob die Polizei vorher eine Zeugenvernehmung durchgeführt hat, hat daher noch lange nichts zu bedeuten. Die Polizei macht das, was sie tun muss. Ob die vorgelegten Unterlagen überhaupt relevant sind, entscheidet so oder so dann die StA.