Einkommensteuer

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Natalie
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Einkommensteuer

Beitrag von Natalie » 20.03.2020, 00:51

Hallo da ich für mein Studium einen Fall bearbeiten muss und wegen den momentanen Umständen noch kein Skriptum habe wollte ich fragen, ob mir jemand mit diesem Fall kurz helfen könnte. Wäre für jede Antwort dankbar!!

Frau Graser wohnt mit ihrer Familie in St. Pölten und betreibt dort einen Laden mit Hanfprodukten. Zusätzlich bietet sie über das Internet einen weltweiten Hanfversandhandel an. Daraus erzielt Frau Graser im Jahr X1 insgesamt einen Gewinn iHv € 70.000. Im Betriebsvermögen ihres Unternehmens befinden sich auch Aktien an einer italienischen Erba SA, die im Jahr X1 Dividenden iHv € 5.000 an Frau Graser ausschüttet. Darüber hinaus besitzt Frau Graser in ihrem Privatvermögen ein Ferienhaus auf Ibiza (Spanien), die sie für € 25.000 jährlich vermietet.



mastercrash
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Re: Einkommensteuer

Beitrag von mastercrash » 20.03.2020, 11:51

Hier fehlt grundsätzlich noch eine wichtige Information, die Rechtsform des Unternehmens dieser Dame.
Handelt es sich beim Unternehmen um ein Einzelunternehmen, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft?

Allgemein:
Bei Einzelunternehmen (und bei Personengesellschaften entsprechend der Eigentumsquote) schlagen die Gewinne direkt auf die Einzelperson durch, sprich die Gesellschaft (ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder höchstens als quasi juristische Person bei zB OG, KG) selbst ist allenfalls Mwst-Subjekt, aber kein Einkommenssteuersubjekt. Die jeweilige natürliche Person selbst (Inhaber, Gesellschafter) muss das Einkommen anhand der progressiven Einkommenssteuer (und bei Dividenden eben anhand der linearen Kapitalertragssteuer) in jenem Jahr versteuern wo sie anfallen. Es gibt, anders als bei Kapitalgesellschaften, keine Möglichkeiten Gewinne in der Gesellschaft aus steuerlicher Sicht zu belassen.

Ich nehme im folgenden an, dass es keine Kapitalgesellschaft ist. Ansonsten wäre das Wort Einkommenssteuer eh schon falsch.

Zur Steueransässigkeit:
Die Dame und ihr Unternehmen ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig (Welteinkommensprinzip, Wohnsitz/Lebensmittelpunkt, sowie Ort der Betriebsstätte des Unternehmens eindeutig in Österreich).

Mieteinnahmen unterliegen grundsätzlich ebenfalls der Einkommenssteuer, da das Haus aber in Spanien liegt unterliegt es nach Artikel 6 DBA Österreich/Spanien der Einkommensbesteuerung in Spanien (beschränkte Steuerpflicht).

Wenn es sich daher um ein Einzelunternehmen handelt, unterliegen die € 70.000 aus Gewerbebetrieb der AT Einkommenssteuer und die Dividenden aus der italienischen Kapitalgesellschaft der AT Kapitalertragssteuer, die Mieteinnahmen der spanischen Einkommenssteuer.

Wie viel Einkommenssteuer bei € 70.000 herauskommt, können Sie sich selbst grundsätzlich anhand der Progressionsstufen ausrechnen. Bitte dabei aber beachten, dass nach dem DBA/EStG im Ausland zu entrichtende Einkommenssteuern aufgrund beschränkter Steuerpflichten nach den DBAs zwar im Inland von der Besteuerung freigestellt sind, aber noch auf die österreichischen Progressionsstufen angerechnet werden können (das nennt man Progressionsvorbehalt; man startet also nicht bei 0 in Bezug auf inländische Einkünfte).

Ach ja, sollte es sich um einen Übungs-Fall an einer Universität handeln, kann ich mich für die Diplomprüfung noch daran erinnern dass alle unsere Professoren zusätzlich noch neben etwaigen zu verrechnenden Mehrwertsteuern auch noch die Sozialversicherung berechnet haben wollten (das wird bei Mieten uU kompliziert, nach OGH über 10 Wohnungen vermietet gewerblich, Sozialversicherung GSVG, darunter nicht gewerblich) und jedenfalls auch geprüft haben wollten, ob sich das Opt-In in die Regelbesteuerung (Kapitalerträge können auf Antrag auch der Einkommenssteuer unterworfen werden) lohnen würde. Lohnt sich natürlich nur, wenn es kaum bis kein Einkommen unter der Einkommenssteuer gibt (bis zur ersten Progressionsstufe) und bei 70000 bzw 95000 nach Progressionsvorbehalt sicherlich nicht mehr. Kann man aber dazuschreiben, dass man die Regelbesteuerungsoption geprüft hat.
Aber das ist eh sicherlich allenfalls ein Übungsbeispiel der 2. Übungsvorlesung.

Auch dass die Aktien von einem italienischen Unternehmen sind ändert grundsätzlich nichts daran, dass ihr Steuersitz (Welteinkommensprinzip) in Österreich ist (Wohnsitz/Lebensmittelpunkt iSd EStG und der DBA Österreich/Italien, vgl Schlüsselhoheit nach OGH etc...). Bei Kapitalertragssteuern handelt es sich um eine persönliche Steuer, keine des Unternehmens. Daher ist auch nur relevant, wo die Frau selbst steuerpflichtig ist. Es kann natürlich sein, dass die italienische Gesellschaft die italienische Kapitalertragssteuer auf die Dividenden vorläufig einbehält und diese an Italien überweist und man sich diese dann per Antrag wieder holen muss. Das ist aber nur eine nervende Formalität aus der Praxis.

Bei solchen Fällen auch am besten immer die entsprechenden DBAs lesen.
Ich weise darauf hin, dass auf die von mir in diesem Forum gegebenen kostenlosen Auskünfte keine Gewährleistung auf Richtigkeit besteht und keine professionelle Rechtsberatung ersetzen kann.

Natalie
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Re: Einkommensteuer

Beitrag von Natalie » 20.03.2020, 19:12

vielen Dank für die freundliche, ausführliche Antwort!

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