Erbrecht

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tellme2
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Erbrecht

Beitrag von tellme2 » 25.06.2019, 07:28

Guten Tag !

Ich habe eine Frage zum Erbrecht bzw. zur Verfahrensabwicklung:
Nach dem Tod meines Vaters im Vorjahr ist mein Bruder unangenehm aufgefallen, da er bereits eine Woche nach dem Tod die Werkstatt meines Vaters ausgeräumt hat und anschließend die Maschinen verkauft hat - vorbei an den anderen Kindern meines Vaters (Schwester und ich). Aus Rücksicht auf unsere Mutter haben wir die Sache aber auf sich beruhen lassen.
Nachdem nun auch unsere Mutter verstorben ist und unser Bruder auf Grund der räumlichen Nähe uneingeschränkten Zugang zur Wohnung und den Besitztümern unserer Mutter hat möchten wir wissen: Ist es möglich im Erbverfahren nicht nur die Sparbücher, die bekannt sind, sondern auch die jeweiligen Kontobewegungen zu erfahren? Meine Mutter war in den letzten zwei Wochen nicht mehr fähig die Wohnung zu verlassen und die letzten Tage im Spital, kann als nicht mehr auf Bank/Sparkasse gewesen sein. Wenn also Abhebungen erfolgt sind, müssen die von jemanden anderen durchgeführt worden sein. Gibt es ein Recht darauf, feststellen zu lassen, von wem diese durchgeführt wurden?
Die Fragen klingen sicher in manchen Ohren seltsam, aber nachdem mein Bruder 20 Stunden nach dem Tod der Mutter bereits Verzichtserklärungen auf das Auto der Mutter an die Geschwister verschickt hat, halten wir alles für möglich.

Danke im Voraus für die Beantwortung dieser Fragen.

Tellme



Heron
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Re: Erbrecht

Beitrag von Heron » 25.06.2019, 21:10

Der Notar als Gerichtskommissär hat einen gesetzlich definierten Aufgabenbereich. Unter anderem kann er - für Ihren Fall relevant - wenn es die Umstände erforderlich machen, Sicherungsmaßnahmen wie das Versperren der Wohnung und die Verwahrung bestimmter Verlassenschaftsstücke veranlassen. Sollten solche Umstände vorliegen, teilen Sie dies dem Gerichtskommissär mit.

Für Ihr Begehren auf Einblick in Kontoauszüge/Kontobewegungen vor dem Tag des Ablebens sehe ich 2 Möglichkeiten:

1. Der Gerichtskommissär hat im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes die Verpflichtung, Vermögen des Verstorbenen auszuforschen. Dazu kann auch gehören, dass der Gerichtskommissär Einblick in Kontenbewegungen, Ein- Auszahlungen nimmt, um Ansprüche des Verstorbenen zu ermitteln. Daher sollten Sie dem Gerichtskommissär die relevanten Umstände mitteilen, die Ihn zum Einholen weiterer Informationen bewegen könnten. Die Bankinstitute haben dem Gerichtskommissär dann auf Verlangen rückwirkend Einblick in Kontobewegungen vor dem Todeszeitpunkt zu gewähren (siehe auch OGH 7 Ob 292/06a, 6 Ob 287/08m). Als Erbe können Sie dann in den Verlassenschaftsakt Einsicht nehmen. Holt der Gerichtskommissär keine Information über die Kontobewegungen ein, stünde Ihnen offen beim Verlassenschaftsgericht zu beantragen, dem Gerichtskommissär diese Nachforschungen aufzutragen.

2. Als Erbe können Sie nach Ausweis des Erbrechts und abgegebener Erbantrittserklärung das Verlassenschaftsvermögen benützen, verwalten und alle „Geschäfte des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs“ der Verlassenschaft selbständig erledigen (mehrere Erben vertreten die Verlassenschaft gemeinsam). Als solches ist es in Fortsetzung der Geschäftsbeziehung des Verstorbenen mit dem Bankinstitut auch möglich, Einblick in Konten des Verstorbenen zu erlangen. Bei Uneinigkeit über die Vorgangsweise und ständigen Streitigkeiten zwischen den Erben kann vom Gericht ein Verlassenschaftskurator bestellt werden.

tellme2
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Re: Erbrecht

Beitrag von tellme2 » 26.06.2019, 16:25

Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen. Ich werde mit dem Notar diesbezüglich Kontakt aufnehmen.

Lg
Tellme

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