Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag

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RechtSchnell
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Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag

Beitrag von RechtSchnell » 08.05.2019, 15:39

Hallo!

Ich habe wieder eine Frage bezüglich Erbrecht: Mein Bruder Martin hat vor ca. 28 Jahren einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag unterschrieben, in dem er auf das Vermögen meiner Mutter verzichtet hatte. Diese ist mittlerweile verstorben. Der Vertrag ist mit den Worten des Notars ausgedrückt "[...] komisch geschrieben und würde heute anders verfasst werden".

Im Vertrag verzichtet Martin auf das gesamte derzeitige (stand 1991) Vermögen von meiner Mutter (Marianne).
Im Vertrag wird nicht genannt, wie viel Geld meine Mutter zum besagten Zeitpunkt besessen hat und ob er auf dieses anspruch hat. Meine Frage:

- Hat Martin nun ein Recht auf einen Anteil am hinterlassenen Geld oder nicht?


Über Ratschläge würde ich mich sehr freuen!
Zuletzt geändert von RechtSchnell am 02.09.2019, 15:17, insgesamt 1-mal geändert.



Heron
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Re: Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag

Beitrag von Heron » 08.05.2019, 21:07

Ein Erbverzicht zu Lebzeiten des Erblassers (§ 551 ABGB) ist ein zweiseitiger Vertrag, der in Form eines Notariatsakts oder gerichtlichen Protokolls zu erstellen ist. Nach höchstgerichtlicher Judikatur kann der Erbverzicht auch an eine Bedingung geknüpft werden. Als Ausfluss der Privatautonomie ist auch ein partieller Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht zulässig (vgl. OGH 4 Ob 128/12w, 7Ob212/13x).

Ausgehend von einer Wortinterpretation würde ich die gegenständliche Vereinbarung dergestalt interpretieren, dass der Verzichtende nur hinsichtlich der angeführten Vermögensgegenstände auf sein Erbe bzw. Pflichtteil verzichtet. Im Text wird der Vertrag auch ausdrücklich als eingeschränkter Erb- und Pflichtteilsverzicht bezeichnet. Ich würde daher annehmen, dass andere als im Vertrag erwähnte Vermögensgüter der Erblasserin nicht vom Erb- und Pflichtteilsverzicht umfasst sind.

Sie sollten sich in dieser für Sie sicherlich wichtigen Angelegenheit nicht auf Auskünfte in Internetforen verlassen und professionelle rechtliche Beratung bei Anwalt oder Notar in Anspruch nehmen.

RechtSchnell
Beiträge: 6
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Re: Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag

Beitrag von RechtSchnell » 09.05.2019, 19:40

Vielen Dank für deine Antwort, Heron!

Der Grund warum ich in diesem Forum um Rat gebeten habe, ist, dass ich nicht um Geld streiten werde, dass, wenn ich es den bekommen sollte, für die Anwalts- und Gerichtskosten draufgeht.

Daher würde mich noch interessieren, mit welchen Kosten ich für Anwalt und Gericht zu rechnen hätte und wie meine Chancen auf einen Sieg vor Gericht sind.

Denn Eines ist sicher, Martin wird nicht kampflos auf das Geld verzichten.

Heron
Beiträge: 385
Registriert: 31.05.2018, 14:13

Re: Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag

Beitrag von Heron » 11.05.2019, 20:18

Abhängig vom Verfahrensstadium können Sie, wenn Sie geäußerte Forderungen des Bruders ignorieren, Gefahr laufen geklagt zu werden. Im Vorbeitrag wurde zum Ergebnis gelangt, dass der Bruder in Hinblick auf die nicht vom Vertrag umfassten Vermögensgüter erb- bzw. pflichtteilsberechtigt sein dürfte, insofern scheint ein Bestreiten eines darauf gerichteten Begehrens nicht erfolgsversprechend zu sein und Sie müssten im Fall des Unterliegens auch die Gerichts- und Anwaltskosten des Klägers übernehmen (Prozesskosten könnnen überschlagsmäßig zB hier berechnet werden: https://www.das.at/Rund-ums-Recht/Prozesskostenrechner).

Wie gesagt rate ich zu einer detaillierten Beratung bei Anwalt oder Notar. Erkundigen Sie sich nach den Verrechnungssätzen und Verrechnungsweisen (oft wird nach Viertelstunden abgerechnet). Eine professionelle Beratung kann die ein oder anderen hundert Euro kosten. Ein Gerichtsverfahren, in dem Sie unterliegen, kann viele tausende Euro allein an Verfahrenskosten ausmachen.

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