Hecke an Grundstücksgrenze versus Eigenbedarf?

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Cornel
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Hecke an Grundstücksgrenze versus Eigenbedarf?

Beitrag von Cornel » 30.03.2007, 09:07

Wir haben vor knapp 20 Jahren ein gebrauchtes Reihenhaus gekauft. Der Vorbesitzer machte uns darauf aufmerksam, dass die Hecke, die unseren Vorplatz begrenzt, dem Nachbar gehöre, aber zur Hälfte auf unserem Boden stehe. Der entsprechende Vertrag dazu lag bei den Kaufdokumenten. Darauf angeführt ist ein Datum (knapp 30 Jahre her) sowie der Text, dass die Besitzer der Grundparzellen xy einen Thujenzaun direkt auf dem Grenzverlauf errichtet haben, die Besitzer der angrenzenden Grundparzellen abc und deren Rechtsnachfolger (also auch wir) damit einverstanden sind und das Betreten unseres Grundes zur Pflege dieses Zaunes, der Eigentum von xy ist, gestatten. Auf unserer Vertragskopie befindet sich keinerlei Unterschrift, aber das schließt ja nicht aus, dass unser Nachbar einen unterschriebenen Vertrag hat. Jetzt ist es so, dass die Hecke nicht besonders oft "gepflegt" wurde, sehr breit gewuchert ist und in schlechten Zeiten geschätzt fast 2 m breit wuchs, uns also fast 1 m Platz nahm bzw. nimmt (leider haben wir das nicht fotografisch dokumentiert - derzeit ist sie ca. 1,50 breit). Platz, den wir gut brauchen könnten, da unsere Kinder mittlerweile größer geworden sind, z.B. um den Autoabstellplatz zu verbreitern - unser Reihenhausgrundstück ist ja nicht gerade riesig. Der Nachbar hat sich schon bei Kleinigkeiten (Ball über die Hecke...) äußerst unkooperativ gezeigt.

Hat so ein Vertrag überhaupt eine rechtliche Bindung? Läuft er aus oder kann der Nachbar durch Ersetzen einzelner Pflanzen die Hecke sozusagen ewig auf unsere Seite wuchern lassen? Können wir Eigenbedarf anmelden, weil wir unseren Vorplatz umgestalten möchten - und nur hier haben wir Platz, ein zusätzliches Auto abzustellen - auch die Zufahrt zu unserem Haus führt der Hecke entlang.

Das war jetzt eine längere Geschichte, aber vielleicht weiß uns jemand Rat - wir wohnen übrigens in Vorarlberg. Im Voraus herzlichen Dank, Cornel.




MEMIL
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RE: Hecke an Grundstücksgrenze versus Eigenbedarf?

Beitrag von MEMIL » 04.04.2007, 07:18

Hi Cornelia! Ein interessantes Thema. Die Hauptfrage ist, was für einen Tatbestand haben wir hier? Eine Ersitzung, eine Vereinbarung, die sich auf den Rechtnachfolger übertragen soll? Ein Servitut? Meiner Meinung nach weder eine noch die andere und noch weniger die weitere Möglichkeiten.

Ihr habt hier beim Ankauf der Liegenschaft eine Vereinbarung zwischen Verkäufer und einem Dritter zur Kenntnis genommen. Diese Vereinbarung ist für euch aber nicht rechtswirksam bindend, weil es sich um kein Recht handelt, das grundbücherlich einverleibt ist (wenn ich davon ausgehe). Der Nachbarn waren kein Partner beim Abschluss des Kaufvertrages mit euch und sie können (bezüglich eines Rechts die sich auf eure Liegenschaft wirkt) sich nur auf grundbücherlich verbrieftetes Recht berufen, was nich der Fall ist. Folgende Möglichkeiten sehe ich hier:

1) In diesem Fall wäre es möglich gewesen, innerhalb 4 Wochen ab Kenntnisnahme dieser Situation (gezählt jedoch frühestens ab dem Ankauf der Liegenschaft, weil vorher war der Käufer nicht aktiv legitimiert), eine Besitzstörungsklage gegen den Nachbarn zu führen und die Sache wäre schnell beendet. Diese Möglichkeit ist aber nun vorbei. Vergessen wir das und denken eine Spur weiter.

2) Die zweite Möglichkeit ist eine Leistungsklage einzubringen und den Nachbarn auf unverzüglicher Entfernung der Gebüsche zu vorhalten, sonst ihr auf seinen Kosten die Entfernung durchführen werdet. Statt des Urwalds wäre dann eine neue Begrenzung wie Zaun jeder Art, Mauer, usw. einzurichten. Nur keine neue Gebüsche, weil Gebüsche ohne Zustimmung des Nachbarn nur dann möglich sind, wenn diese komplett innerhalb eures Grundstückes wachsen würden. Auch für Mauer oder Zaun ab einer bestimmten Höhe oder Form (wenn dadurch Schatten geworfen werden) ist die Zustimmung des Nachbarn einzuholen, auch wenn der Zaun innerhalb eurer Grenze errichtet wird. Das alles ist aber auch zu vergessen: Die Nachbarn werden überhaupt nichts, das einvernehmlich zu erreichen gewesen wäre, erlauben.

3) Eine weitere Möglichkeit wäre eine Klage auf Unterlassung. Da wären die Nachbarn dazu bezwungen in Hinkunft die Hecke pfleglich zu behandeln und nach bestimmten Maßen wiederkehrend zu „frisieren“. Bei einem Urteil würden diese Maße vom Gericht nach der Gerichtspraxis und den Gesetzen bestimmt. Bei einem Vergleich im Verfahren könnten diesen Maßen Abweichungen enthalten. Damit die Vereinbarung jedoch für eventuelle Rechtnachfolger bindend wäre, müsste diese ins Grundbuch beider Liegenschaften einverleibt werden.

4) Eine weitere Möglichkeit, die ich als rein literarische betrachtet, wäre ein eingeschriebener Brief an die Nachbarn mit Aufforderung, die Störung zu beseitigen. Da würden sie wahrscheinlich nicht reagieren, weil sie der Meinung sind, dass sie im Recht sind. Sind sie aber nicht!

Last but not least, kann ich jedenfalls hier nur empfehlen, einen Rechtanwalt zu suchen, der mit der Bearbeitung dieser Sache zu beauftragen wäre. Jede andere billigere Maßnahme würde nur zur Familienfehde führen.




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