Nicht eingetragene Dienstbarkeiten Grundbuch

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Mico1985
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Nicht eingetragene Dienstbarkeiten Grundbuch

Beitrag von Mico1985 » 18.04.2016, 14:54

Wir haben ein Grundstück bekommen und möchten darauf ein Einfamilienhaus errichten.

Im Rahmen einer Zusammenkunft mit den Nachbarn hat sich herausgestellt, dass auf unserem Grundstück Leitungen verlaufen, die weder als Dienstbarkeit im C-Blatt noch sonst wo in Leitungsplänen aufscheinen.

Konkret handelt es sich um eine Wasserleitung des Nachbarn sowie um die Fernwärmeleitung zu seinem Haus. Beide Leitungen könnten bei den Erdarbeiten zu massiven Problemen führen, sodass wohl eine Umleitung sinnvoll wäre.

Dass wir uns theoretisch am Übergeber des Grundstückes schadlos halten können, ist uns klar, aber nachdem die Übergabe im Familienkreis erfolgte, bleibt es hier bei der Theorie.

Ich gehe davon aus, dass es Beschlüsse bei der Gemeinde gibt, die auch von unseren Übergebern damals unterschrieben wurden.

Haben wir hier rechtlich irgendwelche Chancen? Oder bleiben wir auf den drohenden Kosten sitzen, wenn die anderen Parteien (Nachbarn und Gemeinde) auf stur schalten?

Danke für eure Unterstützung.



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 18.04.2016, 16:02

Ohne Intabulation besteht kein Erwerb an einer Servitut bezüglich einer Liegenschaft (§ 481 Abs 1 ABGB).

Die Eigentümer dieser Grundstücke haben daher keinen Rechtstitel, der ihnen das von Ihnen Geschilderte auf fremden Grund erlauben würde. Ob eine Ersitzung dieses Rechtes einmal stattgefunden hat, wäre jedoch zu prüfen.

Gemäß § 364 Abs 2 ABGB kann eine Unterlassungsklage eingebracht werden.

Da der Verkäufer der Liegenschaft diesen Umstand verschwiegen hat und Sie (zu Recht) davon ausgegangen sind, ein lastenfreies Grundstück zu erwerben, könnten Sie gegen Ihn auch mit der verschuldensunabhängigen Gewährleistung oder einer Irrtumsanfechtung durchdringen.

Letzteres kommt für Sie vermutlich nicht in Betracht, da Sie ja den Grund behalten wollen. Demnach könnten Sie im Zuge des sekundären Gewährleistungsbehelfs eine Preisminderung (bezüglich der verschwiegenen Lasten) fordern und, da der Verkäufer diesen Umstand vermutlich kannte bzw. hätte können müssen und dennoch nichts erwähnt hat, kann auch Schadenersatz verlangt werden.

Ich würde Ihnen raten sich diesbezüglich mit einem Rechtsanwalt zu beraten.

MfG
lexlegis

Mico1985
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Beitrag von Mico1985 » 19.04.2016, 07:48

Danke für die schnelle Antwort.

Die Fernwärmeleitung wurde erst 2011/2012 verlegt, dh. wenn man die 30-jährige Frist bei unbeweglichen Sachen heranzieht, kann die Ersitzung auch ausgeschlossen werden, oder?

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 23.04.2016, 16:32

§ 364 Abs. 2 ABGB???? Oh mein Gott... völlig falsche Norm.

Hatten Sie keine Kenntnis von den Leitungen, dann haben Sie lastenfrei erworben. Da 30 Jahre nicht abgelaufen sind, kann der Nachbar auch nichts ersessen haben.

Fraglich ist, ob es eine Vereinbarung zwischen dem Nachbarn und dem vormaligen Eigentümer gegeben hat?!

Gab es diese Vereinbarung, wurden Sie jedoch darüber nicht aufgeklärt und waren die Leitungen in der Natur nicht ersichtitlich können Sie auf Unterlassung, Entfernung und Wiederherstellung klagen (übrigens § 523 ABGB --> lexlegis).

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 24.04.2016, 13:09

So falsch ist diese Norm auch wieder nicht Neubauer!

§ 137 ABGB wäre eine VÖLLIG falsche Norm

§ 364 Abs 2 letzter Satz ABGB ist ebenso eine Eigentumsfreiheitsklage (OGH: 1Ob169/06v).

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 01.05.2016, 12:21

§ 364 ABGB behandelt nachbarrechtliche Immissionen, § 523 die Anmaßung einer Servitut.

Daher ja, völlig falsche Norm.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 01.05.2016, 20:02

Geschätzter Herr Neubauer!

Danke für den Hinweis, doch seien Sie so gut und geben die richtige Antwort doch gleich, wenn Sie es wissen, anstatt nur damit zu warten etwas auszubessern. Ich schätze Ihren „Gute Fee Charakter“ , der hier zu Recht Dinge in Frage stellt ja sehr, doch größtenteils kommt es mir so vor, als bräuchten Sie diese ständigen zum Teil aggressiv formulierten Ausbesserungen als eine innere Genugtuung. Wie gesagt, es ist gut, dass Sie Antworten hier in Frage stellen oder ausbessern, aber es ist absolut nicht nachvollziehbar, warum Sie- da Sie es ja oft vorher schon wissen- immer absichtlich warten, anstatt die richtige Antwort gleich zu geben und so einen ebenfalls lehrreichen Charakter für die anderen darstellen zu können.

In Eventu könnten Sie ja einmal ohne das Gegenüber anzugreifen sachlich Ihre Meinung an den Fragesteller richten oder kundtun, dass Sie mit der Ansicht eines Kollegen nicht einverstanden sind und anschließend konstruktive Kritik üben.

Schönen Sonntag ;)

PS: Eine angemaßte Servitut im Sinne einer unmittelbaren Zuleitung kann übrigens für den dadurch Gestörten eine Immission sein (§ 497 ABGB). In Bezug auf den Sachverhalt spielt das aber keine Rolle.

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 02.05.2016, 09:49

lexlegis hat geschrieben: Da der Verkäufer der Liegenschaft diesen Umstand verschwiegen hat und Sie (zu Recht) davon ausgegangen sind, ein lastenfreies Grundstück zu erwerben, könnten Sie gegen Ihn auch mit der verschuldensunabhängigen Gewährleistung oder einer Irrtumsanfechtung durchdringen.

Letzteres kommt für Sie vermutlich nicht in Betracht, da Sie ja den Grund behalten wollen. Demnach könnten Sie im Zuge des sekundären Gewährleistungsbehelfs eine Preisminderung (bezüglich der verschwiegenen Lasten) fordern und, da der Verkäufer diesen Umstand vermutlich kannte bzw. hätte können müssen und dennoch nichts erwähnt hat, kann auch Schadenersatz verlangt werden.


MfG
lexlegis
Btw, man kann auch im Irrtumsrecht den Preis anpassen (§ 872 ABGB), aber da bei Liegenschaftsverträgen üblicherweise Irrtum bzw. GWL ausgeschlossen werden, müsste man hier ein positives Wissen nachweisen (Schadenersatz bzw List), das wird relativ schwierig werden.

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