Gewährleistung bei Produkten entgegen der Bauordnung...

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tuefef
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Gewährleistung bei Produkten entgegen der Bauordnung...

Beitrag von tuefef » 05.01.2016, 10:53

Hallo,

Bauherr in AT bestellt Fenster und Balkontüren aus DE nach AT. Händler/Hersteller der Fenster weiß, dass die Baustelle in AT ist und es ich um ein Neubau handelt.
Laut Bauordnung in AT müssen alle Verglasungen bis 1.0m Höhe über Standfläche aus Sicherheitsglas gemacht werden. siehe Auszug aus OIB Richtlinie.
Bei der Bestellung der Fenster (bspw. Online-Händler) gibt österreichischer Bauherr nicht explizit an, dass die bodentiefen Fenster und Balkontüren mit Sicherheitsverglasung hergestellt werden sollen, da er es auch nicht besser weiß. Dadurch entsteht ein Schaden, da die Verglasungen getauscht werden müssen. Die alten Veglasungen können nicht verwendet werden und ein Extra-Arbeitsgang ist notwendig die neuen Gläser einzubauen. Wenn die Bestellung von vornhinein richtig gemacht worden ware, gäbe es diesen Schaden nicht....





Auszug aus der Bauordnung:

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http://www.bauordnung.at/oesterreich/oib_richtlinie4.php

4.3 Verglasungen mit absturzsichernder Funktion 
 Verglasungen, die als Absturzsicherungen dienen, müssen unbeschadet der Bestimmungen gemäß 5.1.1 bis 5.1.3 aus geeignetem Verbund-Sicherheitsglas bestehen. Bei Isolierverglasungen und Verglasungen mit mehreren Scheiben (z.B. Verbundverglasungen) gilt dies für zumindest für eine Scheibe 

5 Schutz vor Aufprallunfällen und herabstürzenden Gegenständen
5.1 Glastüren und Verglasungen ohne absturzsichernde Funktion
 5.1.1 Folgende Glaselemente müssen unbeschadet der Bestimmungen gemäß 4.3 aus geeignetem Sicherheitsglas, wie z.B. ESG, hergestellt sein:
-Ganzglastüren und Verglasungen in Türen bis 1,50 m Höhe über der Standfläche,
-vertikale Verglasungen (wie z.B. Glaswände) entlang begehbarer Flächen bis 1,00 m Höhe über der Standfläche. Davon sind Fenster ab einer Parapethöhe von 85 cm ausgenommen.
-vertikale Verglasungen (wie z.B. Glaswände) entlang begehbarer Flächen in Bauwerken mit möglichem Menschengedränge bis 1,50 m Höhe über der Standfläche.
 5.1.2 Anstelle der Verwendung von Sicherheitsglas gemäß Punkt 5.1.1 können auch Schutzvorrichtungen angebracht oder konstruktive Maßnahmen getroffen werden, die ein gefahrbringendes Splittern des Glases bei Anprall von Personen verhindern.
 5.1.3 Werden vertikale Verglasungen aus ESG mit einer Absturzhöhe des Glases von mehr als 4,0 m hergestellt, müssen sie über Schutzvorrichtungen verfügen oder konstruktive Maßnahmen aufweisen, sodass bei Bruch der Verglasung durch Herabfallen von Glasstücken eine Gefährdung von darunter befindlichen Personen vermieden wird.
 5.1.4 Glastüren und große Glasflächen sind in allgemein zugänglichen Bereichen mit geeigneten, optischen Markierungen sichtbar zu machen. 
§ 922 ABGB Gewährleistung

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(1) Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, leistet Gewähr, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet werden kann. 

(2) Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist auch danach zu beurteilen, was der Übernehmer auf Grund der über sie gemachten öffentlichen Äußerungen des Übergebers oder des Herstellers, vor allem in der Werbung und in den der Sache beigefügten Angaben, erwarten kann; das gilt auch für öffentliche Äußerungen einer Person, die die Sache in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hat oder die sich durch die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke oder eines anderen Kennzeichens an der Sache als Hersteller bezeichnet. Solche öffentlichen Äußerungen binden den Übergeber jedoch nicht, wenn er sie weder kannte noch kennen konnte, wenn sie beim Abschluss des Vertrags berichtigt waren oder wenn sie den Vertragsabschluss nicht beeinflusst haben konnten. 

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 434 Sachmangel

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(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, 1.
wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2.
wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.
(2) Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden.

(3) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert.

Der Bauherr kennt bei der Bestellung die OIB-Richtlinie nicht und geht davon aus, dass er von einem deutschen Hersteller Fenster bekommt, die auch in Österreich verwedet werden können.
Der Hersteller bietet zwar die Option "Sicherheitsverglasung" an, aber diese muss bewusst vom Bauherr gewählt werden (standardmäßig ist die Option auf NEIN) und außerdem ist auch nirgendwo ersichtlich, dass diese Fenster/Türen für ihn als österreichischer Bauherr aus Sicherheitsglas sein müssen.

Muss hier der Bauherr die gesamte Verantwortung tragen, da er selber bestellt hat?

Vielen Dank für euren Input??



Manannan
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Registriert: 28.09.2012, 11:08

Beitrag von Manannan » 06.01.2016, 20:57

Zuerst geht es darum, ob dies im Baubescheid als Auflage angeführt wurde. Wenn ja, dann liegt die Schuld beim Bauherrn. Hat jedoch die Baubehörde dies nicht im Bescheid angeführt und nachträglich angeführt, dann haftet sie nach dem Organhaftpflichtgesetz gegenüber dem Bauherrn.

Es gibt zu diesem Problem aber auch eine technisch einfache und günstige Lösung, nämlich durch Aufziehen einer geeigneten Folie die vor Splitterung des Glases schützt (siehe Pkt 5.1.2 OIB-RL)

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