Schmerzensgeld

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Schmerzensgeld

Beitrag von JUSLINE » 11.04.2004, 21:53

Hallo!



Mein Mann hat sich gestern auf einem öffentlichem Spielplatz verletzt. Er ist mir seinem Ehering an einer herausstehenden Niete hängengeblieben, als er unsere Kinder im Karusell angetaucht hat.

Fazit: Der Ringfinger hat einen offenen Bruch, beide Strecksehnen sind gerissen, er wurde sofort operiert und muß noch ein paar Tage im Spital bleiben.

Meine Frage: Haben wir Chancen auf Schmerzensgeld und wie geh ich vor? Rechtsschutzversicherung haben wir.



Jessni




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RE: Schmerzensgeld

Beitrag von JUSLINE » 12.04.2004, 09:19

> Hallo!

>

> Mein Mann hat sich gestern auf einem öffentlichem Spielplatz verletzt. Er ist mir seinem Ehering an einer herausstehenden Niete hängengeblieben, als er unsere Kinder im Karusell angetaucht hat.

> Fazit: Der Ringfinger hat einen offenen Bruch, beide Strecksehnen sind gerissen, er wurde sofort operiert und muß noch ein paar Tage im Spital bleiben.

> Meine Frage: Haben wir Chancen auf Schmerzensgeld und wie geh ich vor? Rechtsschutzversicherung haben wir.

>

> Jessni

Hallo Jessni,



Die Niete hätte nicht herausstehen dürfen. Das mag einen Produktfehler darstellen (mangelhafte Karussellkonstruktion, Produkthaftungsgesetz), jedenfalls aber hätte es auch dem Spielplatzhalter bzw. seinen Bediensteten auffallen müssen, dass das Karussel nicht oder nicht mehr sicher genug ist. Man muß damit rechnen, dass ein Erwachsener an bestimmten Stellen zum Karussell zugreift, um seinen Kindern anzutauschen (= zu erwartende Nutzung des Karussels).



In Frage kommt eine deliktische Haftung nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB (§ 1595 Abs. 2), Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (keine entsprechend häufige bzw. gründliche Kontrolle/Wartung der Geräte), allenfalls auch eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz. Ihr Mann durfte wohl damit rechnen, dass das Gerät nicht bei der üblichen Betätigung eine schwere Körperverletzung erzeugt (wie hier offenbar vorliegend).



Nicht nur Schmerzensgeld, sondern auch sonstige Schäden, die aus dem Vorfall erwachsen sind, stehen zu (insbesondere auch die Behandlungskosten).



Es ist anzunehmen, dass im Krankenhaus in der Krankengeschichte vermerkt wurde, worauf der Unfall zurückgeht (zB "an herausstehender Niete an Spielplatzkarussell hängengeblieben, Fremdverschulden vermutet oäm.") Auch der Kranken- bzw. Unfallsversicherungsträger ist daran interessiert, ob da jemand für die entstandenen Behandlungskosten Ersatz zu leisten hat, und wird diesen aller Voraussicht nach einfordern. Bei Verdacht auf Fremdverschulden wird vom Krankenhaus eine polizeiliche Meldung erstattet, und der Fall im Anschluss daran von der zuständigen Behörde hinsichtlich Einleitung eines Strafverfahrens gegen die verantwortliche/n Personen geprüft.



Ihr Mann hat das Recht auf Ausfolgung einer Kopie aus diesen Aufzeichnungen. Sollte seitens des Krankenhauses kein Fremdverschulden vermerkt worden sein und keine polizeiliche Anzeige erfolgen, dann hat immer noch Ihr Mann die Möglichkeit, eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung (evtl. Strafanzeige) einzubringen. Das sollte bereits durch eine/n von Ihrer Rechtsschutzversicherung beigestellten Rechtsanwalt/In erfolgen.



Haben Sie genügend aussagekräftige Fotos (Kleidungsschäden, fehlerhafte Niete am Spielgerät)als Beweismittel angefertigt? Es ist damit zu rechnen, dass der Fehler nach dem Unfalls alsbaldigst repariert werden wird, und im Zeitpunkt eines allfälligen Strafverfahrens oder Zivilprozesses dann kein Schaden mehr vorgefunden wird werden können.



Auch sollten Sie Ihrer Rechtsschutzversicherung alsbaldigst Meldung vom Unfall erstatten.



Zunächst wäre in einem einzuleitenden Strafverfahren ein sogenannter Privatbeteiligtenanschluß zu verfassen, wobei Ihr Mann dann als Privatbeteiligter (wenn auch im Verfahren als Zeuge zu Ladender) eine anwaltliche Vertretung im Gerichtssaal zur Seite hat (falls es zu einer Verhandlung kommt). IdR erst nach einem derartigen Strafverfahren, jedoch innerhalb der Verjährungsfrist, wird dann der Schadenersatzanspruch (im Ausmaß in dem nicht zuvor schon ein Zuspruch im Strafverfahren erfolgt sein sollte) vor dem Zivilgericht geltend gemacht - wobei dann die Unterlagen des Strafverfahrens (zB Sachverständigengutachten) schon vorliegen. Allenfalls auch ein Feststellungsbegehren.



mfg, Akita






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RE: Schmerzensgeld

Beitrag von JUSLINE » 12.04.2004, 09:22

(Tippfehler) Es sollte heißen: § 1295 Abs. 2 ABGB und nicht § 1595 /2 ABGB


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RE: Schmerzensgeld

Beitrag von JUSLINE » 12.04.2004, 12:06

Hallo Akita!



Vielen Dank für deine ausführliche Antwort, dass war schon sehr aufschlußreich für mich.

Fotos vom Spielgerät und dem verbogenen Ring hab ich noch am selben Tag gemacht.

Was ich jetzt nur noch nicht weiß ist, wie ich die ganze Sache angehe.

Soll ich zuerst im Krankenhaus nachfragen, ob die Anzeige erstattet haben? Wenn ja, mach ich dann gar nichts und warte einfach einmal ab?

Wenn die keine Anzeige erstattet haben, dann muß ich mich bei meiner Rechtsschutzvers.erkundigen, welchen RA ich nehmen kann oder sagen mir die von der Versicherung dann, wie ich weiter vorgehen soll?

Ich weiß, die Fragen klingen ziemlich banal, aber ich hab echt keine Ahnung, die ichs machen soll und in welcher Reihenfolge.

Vorallem sind die Spätfolgen (eventuell bleibt der ganze Finger steif, bzw.das oberste Glied), Jobverlust wegen langem Krankenstand (mein Mann war erst aufgrund einer OP 3 Wochen im Krankenstand und der Chef war schon grantig auf ihn) noch nicht abzusehen.



Danke für deine Hilfe

lg

Jessni


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RE: Schmerzensgeld

Beitrag von JUSLINE » 12.04.2004, 12:29

Hallo Jessni,



jedenfalls würde ich jetzt gleich versuchen, vom Spital in Erfahrung zu bringen, ob hier eine Strafanzeige erstattet wird.



Zum erstmöglichen Zeitpunkt (Werktag, oder falls Wochenenddienst) würde ich bei der Versicherung anrufen, bzw. um Versicherungsdeckung, zunächst wohl für Beratungsrechtsschutz, ersuchen, wenn möglich, noch in dieser Woche zu einem Anwalt zwecks Erstberatung. Dieser kümmert sich idR auch, falls Sie bei ihm bleiben wollen, um die weitere Rechtsschutzdeckung und Vorgangsweise.



Sie könnten auch gleich den umgekehrten Weg zu gehen versuchen: Zuerst zu einem Rechtsanwalt (klären, ob und welche Kosten hier anfallen würden, die von Ihrer Rechtsschutzversicherung allenfalls nicht gedeckt werden), und über diesen dann die Versicherungsmeldung. Im Falle, dass Ihnen die Versicherung hier freie Anwaltswahl zugesteht, erfolgt die Beauftragung eines RAs, der nicht direkt von der Versicherung vermittelt würde, von der Versicherung (aufpassen auf Versicherungsbedingungen).



Es gibt jedenfalls die Möglichkeit einer kostenlosen ersten Auskunft im Rahmen der Ersten Anwaltlichen Auskunft, - Zeiten bei der fürs Bundesland zuständigen Rechtsanwaltskammer erfragen.



Bzw. können Sie bei Ihrer Rechtswanwaltskammer auf Schadenersatz spezialisierte Rechtsanwälte erfragen. Dies hier könnte ein Fall werden, bei dem Sie von einer Spezialisierung des/er AnwältIn profitieren könnten (aber ansich dürften das recht viele sein, da Schadenersatzrecht in allerlei Varianten - insbesondere betreffend Körperverletzungen nach Verkehrsunfällen in Verbindung mit Versicherungsangelegenheiten - Rechtschutz/Kasko/Haftpflicht) zum täglichen Brot sehr vieler Anwälte zählen.



Auch bei Dauerfolgen - Haftung dem Grunde nach einmal feststehend - sind Schadenersatzleistungen gesetzlich vorgesehen.



mfg, Akita


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Absperrung/Absicherung schadhaftes Gerät!!!

Beitrag von JUSLINE » 12.04.2004, 13:05

Bitte denken Sie auch an nachfolgende Spielplatzbenützer, - es sollte mE auch schnellstens Meldung gemacht werden an geeignete Stellen /(Polizei, Feuerwehr,..), die gegebenenfalls eine Absicherung des gefährlichen Spielgerätes bzw. Warnhinweise/Absperrung uäm. vornehmen können! Sie wissen ja nicht, wie sehr gefahrenträchtig auch für andere Spielplatzbenützer die hervorstehende Niete ist. Es gibt da sicherlich Verwaltungsvorschriften, wie in einem solchen Fall weitere Unfälle verhütet werden können, - was die Behörde dann tun muss.



Trotzdem einen schönen Ostermontag!



mfg, Akita


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RE: Absperrung/Absicherung schadhaftes Gerät!!!

Beitrag von JUSLINE » 12.04.2004, 13:12

Hallo!



Ja, sie haben recht.Werde ich sofort in die Wege leiten.

Vielen Dank nochmals für ihre Hilfe und auch noch einen

schönen Tag.

lg

Jessni


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