Mündliche Verträge HILFE

Diskutieren Sie über allgemeine rechtliche Themen.
Antworten
sandiecki
Beiträge: 2
Registriert: 16.04.2007, 16:57

Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von sandiecki » 23.02.2007, 20:03

hallo Forum - Teilnehmer,



mir brennt derzeit eine Frage dringend unter den Nägeln:



Ich habe vor kurzem meine Eigentumswohnung in den Verkauf gegeben, hatte auch bald einen Käufer.

Wir haben uns über einen Preis geeinigt, als Bedingung habe ich jedoch noch eine Finanzierungsbestätigung einer Bank gefordert. Diese ist nun heute eingetroffen ( das mündliche ( telefonische ) Kaufübereinkommen war vor einer Woche ).

Nun ist heute ein weiterer Interessent aufgetaucht, der mir einen erheblich höheren ( € 12 Ts ) Kaufpreis für die Wohnung bietet.

Meine Frage nun:

Gibt es ein Rücktrittsrecht bzw. -frist von so einer mündlichen Vereinbarung ?

Was kann passieren, wenn ich nun die Wohnung dem Höherbieter gebe ?

Bitte um rechtliche Tipps !!!



Bitte um dringende Info, ich muss schnell entscheiden !



D A N K E



sandiecki




MEMIL
Beiträge: 1117
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von MEMIL » 24.02.2007, 06:54

Es passiert überhaupt nichts. Eine mündliche Vereinbarung, insbesondere beim Verkauf einer Liegenschaft, ist soviel wert wie das Wort derjenigen, der es gegeben hat: in deinem konkreten Fall nichts. Deswegen brauchst du keine Sorge haben. Ein Rücktrittsrecht hast du nicht, weil du keine Pflichte (außer dein Wort) hast. Es wäre eine Gebote der Ehrlichkeit, dass du zu deinem Wort stehst, das ist aber ein subjektiver Aspekt nur. Du kannst dich einfach tot stellen und mit dem nächsten Interessenten eine neue mündliche Vereinbarung abschließen (gute Erfahrung hast du inzwischen: es lohnt sich!).

Nun, was die weniger unsittliche Aspekte betrifft, falls es Zeugen zu der Vereinbarung gab, kann die „betrogene“ Käufer dich auf Schadensersatz klagen. Da in solchen Fällen die Schaden sehr geringere sind, wird es wahrscheinlich bei einigen gerechtfertigten Schimpfungen bleiben. Dich bezwingen dein Wort zu honorieren kann er aber nicht.

Mit freundlichen Grüßen,

MEMIL




Grupo1
Beiträge: 43
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von Grupo1 » 24.02.2007, 11:27

MÜNDLICHER VERTRAG IST BINDEND!!!!!!!!!!!



Ich muss Memil widersprechen! Eine mündliche Vereinbarung über den Kauf einer Wohnung ist (lassen wir die Beweisbarkeit einmal beiseite) GÜLTIG und beiderseits BINDEND!



Damit ist eine Einigung über Ware und Preis zustande gekommen, weiter Formerfordernisse sind vom gesetz nicht verlangt!



Der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung (insb. der sogenannten "Aufsandungserklärung") ist eine Nebenpflicht aus dem mündlichen Vertrag.



Für den Fall, dass man sich nicht an den Vertrag hält, kann der Vertragspartener alle Schäden, die ihm daraus erwachsen, geltend machen. Bis hin zum Mehrpreis, wenn er eine gleichwertige Wohnung, die er dann als Ersatz erwerben muss, nur zu einem teureren Preis erwerben kann.









Mit freundlichen Grüßen



Michael Gruner, RA

www.grupo.at

MEMIL
Beiträge: 1117
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von MEMIL » 24.02.2007, 12:09

Sehr geehrter Dr. Gruner! Mit Verlaub, kann ich nicht genau begreifen, wo Sie mir widersprechen wollen. Im österreichischen Recht kommt der Verkauf einer Liegenschaft, sei es ein Grundstück, eine Wohnung oder ein Haus, erst mit der Eintragung ins Grundbuch zustand. Eine mündliche Verkauf einer Liegenschaft ist wohl auch möglich und bindend. Verkauft wurde das Objekt aber erst wenn es dann schriftlich protokolliert wird und dafür einen Antrag auf Einverleibung ins Grundbuch beim Grundbuchgericht eingebracht und bewilligt wird.

Das ist in sich, auch mit beiderseitigen Willensübereinkommen, eine sehr schwammige Sache. Sogar schriftliche Verträge mit geringfügigen Formfehlern werden schon beim Grundbuchgericht blockiert. Wie kann man nun eine „mündliche Vereinbarung“ (die seitens der Verkäufer sogar – und in solchen Fällen immer – als loses Versprechen oder Absichtsäußerung dargestellt wird) ins Grundbuch bringen?

In diesem Sinne muss ich die Meinung weiter vertreten, dass eine mündliche Vereinbarung, ohne Zeugen, und ohne schriftliche Protokollierung – hinsichtlich des Verkaufs einer Wohnung, in Österreich so viel wert ist wie nichts. Ich meine auch, dass ein Geschäft kann ohne weiteres so zustand kommen. Ein Geschäft mündlich intern abzuschließen und es dann nach außen rechtlich mit der Einverleibung bindend zu machen (was für Realitäten in Österreich unerlässlich ist) sind zwei verschiedene paare Schuhe.



Was den Anspruch auf Schadensersatz betrifft, werden in solchen Fällen lächerliche Ansprüche – wenn überhaupt – anerkannt, weil die Schaden müssen hier objektiv und konkret bezifferbar sein, wenn Einem überhaupt dem Beweis gelingt. Ich habe schon in einem solchen Fall gelesen, dass der Verkäufer zum Schluss die Fahrtkosten des Käufers zum Finanzierungsgespräch bei der Bank bezahlen musste. Mehr konnte er nicht als konkrete Schade nachweisen. Dass seine Mutter an Herzinfarkt gestorben sei, weil das Geschäft nicht zustand kam, hilft in solchen Fällen nicht sehr.



Lange Rede kurze Sinn: Ein Versprechen oder gar eine mündliche Vereinbarung zu Verkauf einer Liegenschaft ist wohl ein abgeschlossenes Geschäft. Die Weigerung der Verkäufers (wenn es nur mündlich geschah und es keinen Zeuge dafür gab) das Geschäft jedoch mit der notwendigen Formerfordernissen zu verwirklichen führt dazu dass der Käufer hier immer durch die Finger schaut.

Und last but not least, gerade in so einen Fall kann ich die Beweisproblematik nicht außer Ach lassen, weil eben alles sich nur auf dünnen Aussagen basiert. Wenn ich als Rechtsanwalt in so einer Streit jemanden vertreten wollte, hätte ich sicher leichtes Spiel mit dem Verkäufer. Käufer sitzen hier meistens auf sehr dünne Äste.

Meine ich.

Mit freundlichen Grüßen,

MEMIL




chr11s1
Beiträge: 6
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von chr11s1 » 24.02.2007, 12:10

ich glaube das hat memil alles gesagt, nur etwas mehr "durch die blume".



", insbesondere beim Verkauf einer Liegenschaft, ist soviel wert wie das Wort derjenigen, der es gegeben hat: in deinem konkreten Fall nichts." ;)



dass aussage gegen aussage steht. dass der threadersteller natürlich leugnen kann. dass es zu einer schadenersatzklage kommen kann.



ich glaube hier kommt man mit einer vorgehensweise etwas abseits von "by-the-book" etwas weiter als wenn man sich auf "mündliche verträge sind bindend" versteift.



best regards


Grupo1
Beiträge: 43
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von Grupo1 » 24.02.2007, 12:26

1.) Der Verkauf (also der gültige Vertrag) kommt nicht erst mit der Eintragung im Grundbuch zustande (= Eigentumserwerb).



2.) Unterschätzen Sie nicht die Gerichte: Der Käufer wird genau erzählen können, wie er an den Verkäufer gekommen ist, wie er die Wohnung besichtigt hat, was alles besprochen wurde, wie er bei seiner Bank den Auftrag für die Finanzierung gegeben hat, wem er alles vom Abschluss des Vertrages erzählt hat usw. usw. Sooo schlecht sind dessen Chancen also nicht unbedingt, aber zugegeben, optimal ist die Position natürlich nicht.



3. Schadenersatz. Dazu habe ich ohnedies schon gepostet, dass das bis hin zum Mehrpreis gehen kann und im übrigen könnte der geprellte Käufer auch auf Zuhaltung des Vertrages klagen und dies mit einer EV (einstw. Verfügung/Veräusserungsverbot) verbinden.



4. Es geht hier mM nach im Forum -auch- darum, landläufige gefährliche Ansichten aufzudecken. Und eine dieser Ansichten ist eben, "gibts eh nix Schriftliches, also gilts auch nicht".



Un abschließend, das Vertreten verschiedener Meinungen ist die Seele eines deratigen Forums und soll nicht das unglaubliche Wissen und den bewunderswerten Einsatz von z.B. und insbeosndere Memil schmälern, also in dem Sinne:



Weiterhin uns allen ein lebendiges Forum!



P.S. Danke, Memil für die Promotion, aber ich habe mein Uni-Studium nach dem "Mag" beendet,.... nur damits net heisst, ich schmück mich mit nicht vorhandenen Federn...









Mit freundlichen Grüßen



Michael Gruner, RA

www.grupo.at

chr11s1
Beiträge: 6
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von chr11s1 » 24.02.2007, 12:30

"gibts eh nix Schriftliches, also gilts auch nicht"



naja, genau gesagt war das auch nicht memils argumentationsgrundlage.



und ich will memil nicht zu hilfe kommen (nicht notwendig), mir als laie kommts nur so vor als hätte er eine instanz weitergedacht.



quasi, "natürlich sind auch mündliche verträge verträge, ABER", und um dieses ABER gehts doch unter euch rechtsanwälten, oder? ;)



best regards,




Grupo1
Beiträge: 43
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von Grupo1 » 24.02.2007, 13:00

Klar, gehts (auch) um das aber, ABER (da isses schon wieder.....) man sollte die Risken nicht aus den Augen verlieren. So gesehen, hat der Fragesteller jetzt ein schönes Spektrum der möglichen Ansichten, oder?

Mit freundlichen Grüßen



Michael Gruner, RA

www.grupo.at

MEMIL
Beiträge: 1117
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von MEMIL » 24.02.2007, 13:02

Also, ich schätze sehr die fundierte Meinungen von Mag. Gruner. Mir ging es auch nicht darum die Rechtsstellung mündlicher Verträge zu verharmlosen. Ich glaube wir haben hier gar keine so unterschiedliche Meinung. Ebenso, verabscheue ich diese „es gibt nichts schriftlich, gibt es eben nichts“. Leider, erlebe ich aber in der Praxis, dass die Judikatur (aus welchen Gründen immer) ehe in die Richtung führt, dass die Mündlichkeit hier eine untergeordnete Rolle spielt. Bis vor einem Jahrhundert, waren mündliche Verträge, durch Handschläge begleitet, absolute haltbar, auch vor dem Gericht. Heute, in Alter der digitalen Kommunikation, können wenige Richter verstehen, warum man sich auf Handschlag verlassen will, wenn man in 5 Minuten eine handgeschriebene Kaufbestätigung zaubern kann, die dann später sogar als schriftlicher Kaufvertrag ausgelegt werden kann. Das ist das Problem in sich.

Wenn man ein duzende Bananen mündlich kauft und beim Gericht den Beweis erbringen muss, ist man deswegen nicht glaubwürdiger, aber es entspricht der Erfahrung des täglichen Lebens, dass solche Beweise sich auf Aussage basieren. Bei einem Liegenschaftsankauf wird hier die Erfahrung des täglichen Lebens sehr dünn.

Wo ich noch mündliche Vereinbarungen sehe, die leichter durchsetzbare sind, sind Nebenabreden mit Zeugen, mündliche Vereinbarungen mit Maklern, usw.

Beim Kauf selbst sehe ich für „mündliche Käufer“ eher schwarz.

Das alles hindert nichts daran dass Recht, Recht bleibt. Da ist die Meinung von Mag. Gruner selbstverständlich in Vordergrund zu stellen. Leider, in der Praxis, wie in diesem konkreten Fall, geht es nicht darum zu zeigen wo genau das Recht liegt, sondern, wie und ob es durchgesetzt werden kann.

MfG,

MEMIL




sandiecki
Beiträge: 2
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von sandiecki » 24.02.2007, 13:55

Vielen Dank für eure Beiträge,



ich weiss jetzt zwar viel mehr als zuvor, aber irgendwie ist meine Verunsicherung noch gestiegen......



Hier spielt irgendwie Geld gegen Gewissen ein match in mir aus .....



würde mich über weitere Beiträge freuen



sandiecki


MEMIL
Beiträge: 1117
Registriert: 16.04.2007, 16:57

RE: Mündliche Verträge HILFE

Beitrag von MEMIL » 25.02.2007, 07:13

So dramatisch wollte ich die Situation auch nicht darstellen. Wenn der Betrag, den du dazu bekommen wirst so erheblich ist, kannst du auch mit dem "mündlichen" Käufer die Situation erörtern und erklären, dass du die Vereinbarung nachverhandelt haben möchte. Du kannst mit offenen Karten auch spielen. Vielleicht hat er Verständnis dafür und ihr konnt einen nachverhandelten Preis fixieren. Damit kannst du dein Gewissen besänftigen und zugleich das Geschäft nicht aus der Hand verlieren.

MfG,

MEMIL


Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot] und 36 Gäste