Anzeigepflicht bei Kenntnis einer Straftat?

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BravoKiloAlpha
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Anzeigepflicht bei Kenntnis einer Straftat?

Beitrag von BravoKiloAlpha » 13.08.2014, 17:22

So rein hypothetisch, mal angenommen ich wüsste mein Mitbewohner konsumiert Drogen und verkauft diese auch. Mache ich mich mitschuldig wenn ich das nicht zur Anzeige bringe?

Eigentlich könnte es mir ja egal sein was er macht, andererseits muss ich sicher auch einiges erklären wenn er denn mal erwischt werden sollte und die Polizei die Wohnung auseinander nimmt.

Ich bin mir nämlich nicht so wirklich sicher... Einerseits bilde ich mir ein das ich nicht verpflichtet bin diese Art von "verbrechen" zur Anzeige zu bringen... Andererseits bin ich auch nicht scharf darauf dann ins Kreuzfeuer zu geraten, wo mir dann sachen angehängt werden mit denen ich nie was zutun hatte.



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 13.08.2014, 21:33

Natürlich nur hypothetisch :wink: ganz klar.

Lieber Fragesteller!

Jeder Bürger hat ein Anzeigerecht (§ 80 Abs 1 StPO). Eine allgemeine Anzeigepflicht gibt es nicht.

Eine Ausnahme bildet § 286 StGB, wonach Straftaten die mit mehr als einem Jahr bedroht sind zur Anzeige gebracht werden müssen. Wer dies nicht tut und Vorsatz darauf hat, dass ein anderer vorsätzlich eine solche Straftat begeht erfüllt den Tatbestand des § 286 Abs 1 StGB und macht sich strafbar.

Garanten (vertraglich oder gesetzlich Verpflichtete) hingegen müssen handeln. Wenn zum Beispiel die Mutter weiß, dass der Vater ihre gemeinsame unmündige Tochter sexuell missbraucht und nichts macht, erfüllt sie § 2, 12 dritter Fall iVm § 206 Abs 1 StGB. Sie ist Garant für ihr Kind und auch für dessen Wohl verantwortlich (gesetzlich verpflichtet nach § 137 Abs 2 ABGB). Das Gleiche gilt für den Ladendetektiv. Verhindert er bewusst einen Diebstahl im Laden nicht bekommt er § 2, 12 dritter Fall iVm § 127 StGB. Er ist vertraglich dazu verpflichtet zu handeln. Jeder andere, der einen Ladendieb tatenlos beobachtet ist aber straflos, es sei denn § 286 Abs 1 StGB könnte zur Anwendung kommen, was bei § 127 StGB aber nicht der Fall ist (nur bis zu sechs Monate Strafdrohung).

In Ihrem Fall kommt es also darauf an in welchem Ausmaß die Straftat des Freundes erfolgt. Bei einer Tat mit einem mehr als 1 Jahr Strafdrohung (Siehe Delikte nach §§ 27 ff SMG) könnte § 286 Abs 1 StGB durchaus auf Sie zukommen, wenn man zu dem Schluss kommt, dass Sie vorsätzlich diese Straftaten nicht verhindert haben.
Zuletzt geändert von lexlegis am 13.08.2014, 21:40, insgesamt 1-mal geändert.

Manannan
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Registriert: 28.09.2012, 11:08

Beitrag von Manannan » 13.08.2014, 21:37

...und würde - natürlich rein hypothetisch - die DDR als Staat weiterbestehen, dann hätten auch die Denunzianten wieder eine Heimat :)

BravoKiloAlpha
Beiträge: 2
Registriert: 13.08.2014, 17:04

Beitrag von BravoKiloAlpha » 14.08.2014, 04:35

Danke für die ausführliche Antwort.
Manannan hat geschrieben:...und würde - natürlich rein hypothetisch - die DDR als Staat weiterbestehen, dann hätten auch die Denunzianten wieder eine Heimat Smile
Tja, wenn das Wörtchen wenn nicht wär... ;)

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