Ausnutzen einer Demenzerkrankung

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Edmund
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Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von Edmund » 02.12.2022, 16:41

Hallo!

Leider treibt uns derzeit ein großes Problem zur Weißglut. Und zwar:

Ein naher Verwandter leidet aufgrund von jahrelangem Alkoholmissbrauch unter einem Korsakoff-Syndrom. Es äußert sich in Verwirrtheit und Demenz. Die Diagnose kam vor gut einem Jahr.

Vor einem halben Jahr fing er an, einer Nachbarin, welche ihn laufend um Geld bittet, solches auch zu überweisen. Teils bis zu fünf Mal pro Tag mehrere hundert Euro. Der Schaden beträgt mittlerweile mehrere zehntausend Euro.

Als die Familie von den Überweisungen erfuhr, wurde die Nachbarin umgehend von seiner Krankheit in Kenntnis gesetzt und nachdrücklich darauf hingewiesen, kein Geld mehr von ihm annehmen zu dürfen. Das schon überwiesene Geld ist mittlerweile in ein neues Auto, Beauty-Behandlungen etc. investiert. Da kein Geld mehr da sei, so die Nachbarin, könne man auch nichts retour erwarten. Der Verwandte meint, er habe ihr Geld zukommen lassen wollen, niemals aber sein beinahe gesamtes Erspartes. Er nimmt die Schuld auf sich und möchte nicht, dass gegen die Nachbarin etwas unternommen wird.

Soweit so schlimm. Mittlerweile wurde gerichtlich die Notwendigkeit einer Erwachsenenvertretung bestätigt. Auch davon weiß die Nachbarin.

Leider fragt sie weiterhin um Geld, in vollem Bewusstsein seiner Krankheit. 1000 Euro für eine Behandlung ihres Haustieres sollen es diesmal sein. Derzeit ist sein Konto noch nicht gesperrt, auch Bargeld dürfte noch etwas vorhanden sein. Wir befürchten, dass weiteres Geld fließt.

Nun, bisher konnte die Nachbarin behaupten, nichts von seiner Krankheit gewusst zu haben. Doch jetzt - ist dies doch Betrug bzw. ausnützen einer (teilweisen) geistigen Unzurechnungsfähigkeit, oder? Womit kann man rechnen, wenn man die Nachbarin anzeigt? Gibt es da eine klare rechtliche Regel?

Danke fürs Lesen und eventuelle Antworten!

Viele Grüße,
Edmund



alles2
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von alles2 » 05.12.2022, 00:52

Eigentlich melde ich mich ungern auf Beiträge, deren Ersteller sich danach nicht mehr eingeloggt haben dürften, um wegen einer Rückmeldung nachzusehen. Nachdem mit Verweis auf diesen Thread eine ähnliche Anfrage kam, lege ich mal mit einer ersten Beurteilung vor:

Solche Umstände, sollten diese die strafrechtlichen Merkmale nach § 146, 147 und 148 StGB erfüllen, können mit einer Verurteilung wegen gewerbsmäßig schwerem Betrug ausgehen. Würde mich da jedoch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da sich schon die Frage stellt, warum bspw. nicht bereits vor gut einem Jahr eine Erwachsenenschutzsache veranlasst wurde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er damals noch ausreichend geistig orientiert war und sich sein Zustand erst mit der Zeit relevant verschlechtert hat. Auch wenn vielleicht ein Erwachsenenvertreter bestellt wird, wäre ebenso zu klären, ob dieser auch für das Einkommen und Vermögen des Verwandten zuständig sein wird.

Solange er als voll geschäftsfähig gilt, darf er mit seinem Geld tun und lassen, was er will. Interessant wird es allerdings, wenn nachgewiesen werden kann, dass sich die Nachbarin unter wahrheitswidriger Vorspiegelung von Tatsachen unrechtmäßig bereichert hat (auch als Irreführung bzw. Täuschung genannt) oder eine erwirkte Leistung ohne entsprechende Gegenleistung erbracht wurde. Weicht der Geschädigte dann trotzdem nicht von seiner bisherigen Haltung ab, könnte sein Verhalten durchaus fragwürdig sein. Für die Strafverfolgung braucht es aber nicht seine Zustimmung und ein Dritter kann es den Behörden melden.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

Edmund
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von Edmund » 07.12.2022, 12:52

Doch, ich habe natürlich regelmäßig ins Forum geschaut, aber eben ohne mich einzuloggen.
Umso mehr: Vielen vielen Dank für die Antwort!

Stimmt: Unserer Wahrnehmung nach hat sich der Zustand erst im Laufe des Sommers rapide verschlechtert, vor einem Jahr war die Lage eine völlig andere. Inwieweit die Nachbarin auf ihn "betrügerisch" eingewirkt hat bzw. inwieweit er das Geld freiwillig angeboten hat kann man schwer sagen. Der Übergang zwischen freiwilliger, bewusster Schenkung (von anfangs kleinen Beträgen) und bewusstem Betrug erfolgte hier wohl fließend.

Nach aktuellem Stand wird der Erwachsenenvertreter für Finanzen und eventuell auch sämtliche Amtsgeschäfte zuständig sein. Bei der Erhebung durch den EWV-Verein wurden uns rechtliche Schritte gegen die Nachbarin nahegelegt ("der Mann ist merkbar verwirrt, wurde bewusst durch die Nachbarin genutzt...").

Seit ein paar Tagen scheint der Verwandte wie ausgewechselt, mittlerweile ist ihm vollends bewusst, dass quasi sein gesamtes Vermögen weg ist. Er ist am Boden zerstört und meint, dass er nicht weiß wie das alles kommen konnte und hat "Angst vor dem Kontrollverlust". Und auch kein Problem mehr damit, gegen die Dame vorzugehen. Kann sich natürlich umgehend wieder alles ändern.

Mittlerweile sind auch weitere Details bekannt geworden: Einerseits Whatsapp-Nachrichten der Dame (Nach seiner Ankündigung, dass kein Geld mehr fließen wird: "Du weißt schon wie lieb du mich hast") sowie einiges an Unterwäsche von ihr. Unappetitlich. Aber: Das klingt für mich schon sehr nach der "wahrheitswidrigen Vorspiegelung von Tatsachen". Denn ein tatsächliches "emotionales" Interesse am Verwandten kann man wohl ausschließen. Hoffe halt, dass das nicht als "Gegenleistung" gesehen werden kann.

Die Frage ist jetzt natürlich, ob eine Anzeige Sinn macht bzw. ob diese Erfolgsaussichten hat? Ab wann die Demenz soweit fortgeschritten war, dass aus Schenkung Betrug wurde kann wahrscheinlich niemand sagen. Insofern können wir das Geld - aus meiner Sicht als Laie - ohnehin abschreiben. Selbst bei Erfolg würden wir es ja nicht 1:1 zurückerhalten nehme ich an? Vor allem ist dieses ja auch schon ausgegeben...

Die andere Sache ist jene, dass die Nachbarin aktuell weitermacht und nach Geld fragt. Gibt es die Möglichkeit, eine Verfügung z.B. für ein Kontaktverbot o.ä. zu erwirken? Oder ist das immer mit einer Verhandlung vor Gericht verbunden?

Derzeit erwägen wir vorerst einen (anwaltlichen) Brief mit der Aufforderung auf Unterlassung oder direkt eine Anzeige. Bei weiteren Vorkommnisse auf jeden Fall Zweiteres.

Vielen Dank für die hilfreichen Informationen bisher!
Viele Grüße
Edmund

alles2
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von alles2 » 07.12.2022, 14:48

Ich denke, Du hast Dir bereits einen guten Überblick verschafft. Zumindest würde ich es nicht sehr viel anders machen wie Du. Also ihr einen - von mir aus - selbst verfassten Schrieb zukommen lassen, wonach man in dem Fall (nach Rücksprache mit diversen Institutionen) geneigt wäre, die gesamte dokumentierte und nachvollziehbare Sachlage an die Justiz heranzutragen, sollte das schändliche Gebaren nicht umgehend eingestellt werden. Sollte sie dem Folge leisten, ändert es nichts daran, dass man dennoch den bisher entstandenen Schaden einfordern oder über ein Gericht zurückholen kann. Eine vollzogene und im besten Fall wasserdicht belegbare Betrugshandlung bleibt nicht durch Einstellung des Verhaltens straffrei.
Wenn man lustig ist, könnte man sämtliche Überweisungen oder Übergaben von Geldbeträgen auflisten und um eine Stellungnahme bitten, warum diese aus ihrer Sicht gerechtfertigt an sie gewandert sind, da sich sonst ein Gericht mit diesen Fragen beschäftigen könnte. Druckst sie herum, wäre es eine Gelegenheit, sie mit einer Aufforderung zur Rückzahlung in die Knie zwingen zu können.

Eine Beziehungsabsicht oder die große Liebe vorzugaukeln, um hohe Geldbeträge herauszulocken, ist nicht neu und besonders online ein großes Thema (Love-Scamming). Solche Sätze wie "Du weißt schon, wie lieb du mich hast." können ein wertvoller Indiz für die bewusste Ausnutzung der Umstände sein. Denn sowas sagt man bei echter Liebe, die auf Gegenseitigkeit beruht, nicht. Und das sie nur sein Geld liebt, hat sie ihm gegenüber wohl auch nie offen bekundet.
Das mit der Unterwäsche wäre hingegen mit Vorsicht zu genießen und könnte tatsächlich als Dienstleistung bzw. Handel ausgelegt werden. Auch das gibt es im Netz zuhauf.

Es gäbe noch viele andere hypothetische Szenarien, wobei ich darauf nicht weiter eingehen möchte. Es würde eine Einzelfallentscheidung bleiben und davon abhängen, wie sich beide Seiten verantworten würden. Dazu kennen wir die vermeintliche Schädigerin samt ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu wenig. Interessant wäre auch, was der Anlass war, dass das mit der ESV (Erwachsenschutzvertretung) in Gang gebracht wurde.
Selbst wenn man die Angelegenheit an die Justiz heranträgt (eine ehrlich gemeinte Anzeige bzw. Sachverhaltsdarstellung kostet nichts) und die Staatsanwaltschaft keinen ausreichenden Verdacht für die Strafverfolgung erkennt, so würde die Nachbarin von der Einstellung des Verfahrens informiert werden. Es könnte bei ihr einen Einschüchterungseffekt auslösen und sie von weiteren Versuchen abhalten, zumal sie merken würde, dass ihre Machenschaften von diversen Seiten unter Beobachtung stehen.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

charlestrevino
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von charlestrevino » 08.12.2022, 07:41

You have the best information. I like reading you post!

Edmund
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von Edmund » 09.12.2022, 09:48

Super, vielen Dank für die Hilfe!!

Wir haben nun einen höflichen Brief verfasst und viele deiner Punkte einfließen lassen. Klingt nun schon wesentlich stichhaltiger als zuvor. Sind mal gespannt ob wir eine fristgerechte Antwort bekommen.
Mittlerweile hat offenbar der Verwandte begonnen, unsere Bemühungen und Argumentationen zu torpedieren (löscht Chatverläufe, schreibt "heimlich" mit der Nachbarin etc.). Könnte ein Kampf gegen Windmühlen werden. Zum aus der Haut fahren.

Aber jetzt werden wir erstmal abwarten.
Danke!!

alles2
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von alles2 » 09.12.2022, 11:12

Mich hätte dann doch irgendwo interessiert, was darüber hinaus verfasst wurde, das hier noch keinen Niederschlag gefunden hat.

Das Verhalten des "edlen Spenders" könnte mehrere Gründe haben. Vielleicht, um sie zu schützen, oder um sämtliche Beweismittel zu vernichten, die die Sachwalterschaft als berechtigt erscheinen lassen würden. Wie gesagt, wir wissen nicht, was der Anlass für dieses doch noch zustande gekommene Verfahren war. Und wie er dazu steht bzw. wie übel er es den Initiatoren nimmt.

Bin dann auch mal gespannt, wie sich die Sache entwickelt...
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growthstarboard
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Re: Ausnutzen einer Demenzerkrankung

Beitrag von growthstarboard » 28.09.2023, 10:20

Es ist nicht neu und insbesondere online ein heißes Thema, vorzutäuschen, eine Beziehung oder wahre Liebe zu wollen, um andere um erhebliche Geldsummen zu betrügen (Love Scamming). Du könntest Sätze verwenden wie „Du weißt bereits, wie sehr du mich liebst.“ gezielte Manipulation der Situation zu erkennen. Da Gegenseitigkeit das Herzstück der wahren Liebe ist, würde man das nicht so sagen. Und es ist wahrscheinlich, dass sie ihm nie ausdrücklich gesagt hat, dass sie nur sein Geld liebt.
Allerdings ist die Angelegenheit mit Unterwäsche mit Vorsicht zu genießen, da sie als Angebot einer Dienstleistung oder als Transaktion aufgefasst werden könnte. Diese sind auch online weit verbreitet.

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