Verbotsgesetz Wiederbetätigung

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tomtom1986
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Verbotsgesetz Wiederbetätigung

Beitrag von tomtom1986 » 10.05.2019, 15:08

Also bei mir in der Schule (Fach Hochschule also keine Pflichtschule) gab es 2 Vorfälle bei denen sich jemand meiner Meinung nach dem Verbotsgesetz gemäß § 86a Absatz 1 und 2 StGB strafbar gemacht hat. Ich bin mir aber nicht zu 100% sicher bzw. und der von mir Beschuldigte sieht das Verbotsgesetz nicht verletzt. Wir haben das grundsätzlich geklärt, er sagte auch es wird nicht mehr vorfallen und er wollte damit auch niemanden Beleidigen, was ich ihm auch glaube. Jedoch stehe ich in der Klasse ziemlich blöd da weil ich den Vorfall nicht besonders Sachlich vor der gesamten Klasse sehr gehässig mit nem Vergleich von meiner Seite „Ja und vielleicht lachst du auch wenn jemand neben dir Vergewaltigt wurde“.

Vorfall 1: Der Vorfall ist auf jeden Fall aus den Zusammenhang gerissen weil ich da nicht sehr viel mitbekommen habe von dem Gespräch, war anderwärtig beschäftigt. Eine Person hinter mir redet irgendwas von Mussolini und sagt so etwas wie „und der machte auch mal gerne diesen“ und hebt meiner Meinung nach seine Hand zum Hitler Gruß (rechte ausgestreckte Hand), seiner Meinung nach machte er den schlampigen Führergruß (Hand abgewinkelt neben dem Körper). Der Gruß wurde 3x hintereinander ausgeführt weil ein Kollege frage „und wie macht er“. Beide Grußformeln sind so weit ich das nachgeforscht habe nach dem Verbotsgesetz gemäß § 86a Absatz 1 und 2 StGB strafbar. Er sagt das es in dem Zusammenhang in dem er es gezeigt und verbal kommunizierte nicht strafbar ist. Das Gespräch drehte sich irgendwie um Mussolini und es war ein Witz. Die Situation war die, dass wir Pause hatten es waren ca. 15 Personen im Raum und die Tür war offen, man hätte hier auch von der Ferne reinschauen können. Zusätzlich hat die Klasse eine Fensterwand (von Boden bis Decke) im 1 Stockwerk über der Straße. Wenn man auf der Straße geht bin ich mir ziemlich sicher das man das nicht gesehen hätte.

Also bitte um eine Bewertung nur für diesen Vorfall mit der Annahme das es wirklich in einem Kontext war der nicht verächtlich gemeint war, sondern einfach ein nicht gut überlegter Scherz und auch die Annahme das der Gruß der schlampige Führergruß war, am besten noch mit der linken Hand und auch nur ein einziges mal.

Vorfall 2: Der Vorfall war in einem Computerraum während des Unterrichts. Und eine Person Zeichnet auf dem Computer des Nachbarn meiner Meinung nach ein Hakenkreuz. Er sagte es war eine Swastika (das Kreutz stand nicht schief und die Haken zeigten gegen den Uhrzeigersinn) und zeichnete diese weiter zu einem Haus. Mit dem Wortwitz dazu, „So bauen Deutsche ihre Häuser“ kann auch sein „So darf ein Deutscher sein Haus nicht bauen“ oder wegen einem Idioten darf man so ein Haus nicht bauen“ oder ähnliches. War in der Klasse wieder relativ lustig, ich hatte eigentlich das Verlangen ihm die Tastatur ins Gesicht zu dreschen.

Also bitte auch um eine Bewertung zu diesem Vorfall mit den mildesten umständen und auch beide Vorfälle einzeln.

Die Person meinte auch zu mir das ich mich eher strafbar gemacht hätte im Bereich „Rufschädigung“, weil ich ihn als Nazi vor der ganzen Klasse hingestellt habe. Meiner Meinung nach war die Beschuldigung absolut begründet. Und weil ich den vergleich mit der Vergewaltigung gemacht hab „Ja und vielleicht lachst du auch wenn jemand neben dir Vergewaltigt wurde“. Wegen dem ich auch der Meinung bin, dass ich mich da strafbar gemacht haben könnt bzw. habe.
Meine Referenzen mit denen ich mich im Recht sehe wären diese:

https://praxistipps.focus.de/strafe-fue ... hen_107131

und

https://dejure.org/gesetze/StGB/86a.html

Seine Begründung mit der er sich im Recht sieht wäre im Bereich Kunstfreiheit (es gibt ja auch Filme wo das gezeigt wird, in ernster und lustiger Form), Meinungsäußerung.

https://praxistipps.focus.de/strafe-fue ... hen_107131

Was mich auch noch interessieren würde. Mach ich mich eigentlich strafbar wenn ich so etwas sehe und nicht der Polizei melde. Es gibt jetzt kein menschliches Opfer das gerettet werden muss aber irgendwie hab ich das Gefühl wenn man das nicht anzeigen würde wäre das so was wie unterlassenen Hilfeleistung.



tomtom1986
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Re: Verbotsgesetz Wiederbetätigung

Beitrag von tomtom1986 » 11.05.2019, 19:35

Wo kann ich nachlesen was genau Verboten ist oder nicht in diesem Zusammenhang in Österreich. Die Deutschen haben da eine Broschüre vom Bundesamt für Verfassungsschutz wo das sehr gut und detailiert beschrieben ist. Für Österreich finde ich da einfach nichts wo ich auch eine Quelle angeben könnte die Fundiert ist. Hab da nur den Text vom Verbotsgesetz 1947 auf der RIS Seite gefunden, der für mich sehr viel interpretationsspielraum lässt gegenüber der Broschüre von Deutschland. Im deutschen Gesetztestext steht da auch klar das Hakenkreuz und seine Abwandlung verboten sind bzw. das dem ähnliche Symbole. Ist für mich klar wenn ich eine art von Svastika (die Haken den Hakenkreuzes zeigen gegen den Uhrzeigersinn) auf einem T-Shirt Zeichne mach ich mich ziemlich sicher strafbar. Im östereichischen Gesetzestext oder was das auf der RIS Seite ist, würd ich jetzt annehmen das das erlaubt wäre. Wenn ich es mit dem 2 Weltkrieg nicht in Verbindung bringe. Leider kann ich die deutsche Broschüre nicht verwenden, weil da auch drinsteht, dass der Kühnengruß verboten ist der in Österreich scheinbar nicht verboten ist.
Gibts da irgendwas offizielles mit fundierter Quelle in der das einfach nachzuschlagen ist.

FHoll
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Re: Verbotsgesetz Wiederbetätigung

Beitrag von FHoll » 16.05.2019, 17:02

Das Hakenkreuzverbot findet sich eher im Abzeichengesetz von 1960 - Auch bei uns sind somit nicht nur das Hakenkreuz, sondern auch Ersatzsymbole verboten. Aber: "Die Verbote des § 1 finden, wenn nicht das Ideengut einer verbotenen Organisation gutgeheißen oder propagiert wird, keine Anwendung auf Druckwerke, bildliche Darstellungen [...]"
...sprich, es kommt auf den Kontext an. Wenn ein Prototyp-Nazi sich sein Hakenkreuz verkehrt rum auf den Arm tätowiert, kann er sich freilich nicht auf ein friedliches Swastika-Symbol hinausreden. Der Falun-Gong-Praktizierende wird da ganz anders bewertet, selbst wenn seine Swastika rechtsgerichtet ist, da es nunmal für Hindus und Buddhisten generell ein völlig normales Symbol ist. Findet sich ja nicht umsonst im Unicode: 卐 卍 <-- kein Problem, das neutral so zu zeigen. Aber besser nicht in schwarz auf einem weißen Kreis im roten Feld...

Womit sich die Frage stellt: Wurde durch die dargestellte Swastika, die zu einem Haus wurde, das Ideengut einer verbotenen Organisation gutgeheißen oder propagiert? Ich persönlich wäre der Meinung: Nein - insbesondere, wenn derjenige zugleich Hitler als Idioten bezeichnet. Manche würden fordern, dass man sich deutlich vom Gedankengut abgrenzt - Quasi dazusagt, dass man Nazis scheiße findet, während man Hakenkreuze malt - aber es ist jedenfalls nicht völlig schwarz und weiß.

Auch beim Hitlergruß, der übrigens in den "Auffangparagraphen" 3g des Verbotsgesetzes fällt, ist nicht alles sofort schwarz und weiß, aber man findet deutlich weniger Gründe für eine Handgeste. Theoretisch stimmt es nämlich: Wenn man die Geste macht, um zu zeigen, wie die Geste aussieht, ohne sich selbst damit zu identifizieren, fällt es eigentlich raus. Auch, wenn es eindeutig ein blöder Witz ist, ist der Hintergrund - sich selbst mit der verbotenen Gruppe zu assoziieren und diese gutzuheißen, zu propagieren - nicht gegeben. Wäre das Recht bloß immer eindeutig, was könnten wir an Kosten in der Judikatur sparen.


Sehen Sie es bitte aus dieser Richtung: Das Verbotsgesetz wurde gezielt eingeführt, um Nazis bestrafen zu können - die echten rechtsradikalen, gewaltbereiten Individuen. Niemand hat Interesse daran, dass Gesetze dieser Art gegen dumme Teenager eingesetzt werden - außer den Nazis. Stellen Sie sich vor, ein gezeichnetes Hakenkreuz oder eine Hitler-Persiflage würde ausreichen, um Minderjährige wegen des Verbotsgesetzes vor Gericht zu bringen. Die rechte Szene lacht sich ins Fäustchen, denn natürlich zeigt der Vorfall nur, wie einfach es ist, als Nazi abgestempelt zu werden, obwohl man unschuldig sei.
Das Verbotsgesetz funktioniert dann am besten, wenn es wirklich nur bei den eindeutigen Fällen zur Anwendung kommt. Jede Verurteilung in der Grauzone führt nur dazu, dass es ein Stück weit in Richtung "Unterdrückung der freien Meinungsäußerung" verkommt. Abgesehen davon sollte die Angst vor Strafe nicht der Grund sein, aus dem Ihre Mitschüler mit diesen Späßen aufhören. Das gleiche gilt natürlich auch, wenn Sie Ihre Mitschüler wegen dummer Witze als "Nazis" bezeichnen - damit verharmlosen Sie den Begriff lediglich.

tomtom1986
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Re: Verbotsgesetz Wiederbetätigung

Beitrag von tomtom1986 » 16.05.2019, 22:06

OK vielen Dank für die ausführliche Erklärung hat mir sehr weitergeholfen. Ist da aber schwer einzuschätzen ob der Witze macht weil er ein Nazi ist oder Witze macht weil er sich über Hitler lustig machen will und meiner Meinung nach sollte man gewisse Zeichen auch nicht in seine Witze einbauen weils aus dem Kontext gerissen werden kann.

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